Armin König

150 Jahre Sängerfreunde Hüttigweiler – ein ganz außergewöhnliches Jubiläum

150 Jahre Sängerfreunde Hüttigweiler, das ist ein ganz außergewöhnliches Jubiläum, zu dem ich als Bürgermeister der Gemeinde Illingen und als Eichert und Bamerter und Rasswellerer ganz herzlich gratuliere. Und ich bin stolz auf dieses Jubiläum, weil ich die Domizile und die Stationen kennen und lieben gelernt habe. Als Bamerter war der Schipp mein Gasthaus. 200 Meter von meinem Elternhaus entfernt hatten wir Auftritte als Turner, bei Kappensitzungen, dort haben wir gefeiert, dort und beim Paula haben wir nach dem Training unser Raboll, unser Malzbier und später unser erstes Mischbier getrunken. Beim Schlicker Pitt in Rassweiler habe ich das Trompeten und Bar-Pianieren lieben und spielen gelernt, beim Chris Peter haben wir mit dem Musikverein geprobt, beim Scharding Rollye gespielt und beim Schug, wo der Frohsinn später beheimatet war, lernten wir tanzen mit Briese. Engagieren bitte, tönte es durch den Raum.

Die Sänger gehörten zu den Pionieren der Volkskultur im Illtal. Kultur war ja bis zum Vormärz keine Arbeiterangelegenheit. Es war Privileg der gebildeten Stände. Die Bamerter hatten also schon sehr früh Kultur, und das hält lange an, wie man sieht. Kein Stamm im Illtal hat mehr Prominenz hervorgebracht als die Eicherte. Sie wissen also nun, welch großes Werk der kleine Schulmeister Jakob Scher tat, als er 1867 für die Gründung eines Gesangvereins warb. Seit eineinhalb Jahrhundert ist Ihr Verein – in unterschiedlichen Zusammensetzungen – Kulturgut dieses Ortes, dieser unserer Gemeinde. Darauf können sie megastolz sein. Wir sind es auch.

Benno Weiskircher hat die bewegten 150 Jahre sehr lebendig beschrieben. Ich brauche die schöne Erzählung also nur zu ergänzen um kleine Schmankerl. Dass die Gaststätten, die es damals noch gab, die Chöre als Aushängeschilder hegten und pflegten – beispielsweise. Und wenn ich mich zurückerinnere, dann muss ich immer an diese Vereinskässchen an der Wand denken, die mich immer faszinierten, in die so mancher Groschen gesteckt wurde. Ich erinnere mich an den Klang der alten Klaviere, die in jeder guten Gaststätte standen, auch beim Schipp, und vielleicht war dies ein Schlüsselerlebnis für mich, denn mein Vater, der ja auch seit ewigen Zeiten Vereinsmitglied ist, hat auf dem Bamert mein erstes Klavier gekauft – bei Helmur Schäfer. Und natürlich erinnere mich an die Leidenschaft, mit der der 1867, der Liederkranz und der Frohsinn jeweils für sich und ihre Chöre warben, als die Vereine noch im Wettbewerb standen. Kein Kommers ohne Gesangverein, ohne Gesangvereine. Mich hat es allerdings zum Musikverein gezogen, den Dixieklängen und sinfonischen Ouvertüren. Und so haben wir gemeinsam die Einweihung der Illtalhalle gefeiert, die jetzt saniert wird.

Es waren stets unterschiedliche Dirigenten-Charaktere, es waren stets unterschiedliche Repertoire-Stücke. Insofern ist durch die Fusionen Vielfalt verlorengegangen. Aber die Alternative wäre der Verlust gewesen, die Null-Lösung. In dieser Frage sind die Gesangvereine – überhaupt die Vereine – schon viel weiter als die Politik. Und die Sängerfreunde haben auch erkannt, dass Zusammenschlüsse stark machen. Und dass es nicht reicht, immer die alten Lieder zu singen. Genau dies haben Sie praktiziert – mit engagierten Vorständen, zupackenden Dirigenten und begeisternden Sängern. Glückwunsch stellvertretend an Franz Lauck und seinen Vorstand und Dirigent Andreas Burg. Und natürlich sind sie immer auch gereist und haben gefeiert, damit Lieder die Welt erobern – bis nach Amerika. Das wäre vielleicht heute unter Trump wieder nötig. Bringen Sie Kultur in die USA. Kleiner Tipp am Rande.

Ja, das Lied ist ein Kulturgut. Und es ist hoch aktuell. Wenn Nicole ein kleines Lied vom Frieden singt, bewegt sie die Welt, wenn Nena 99 Luftballons steigen lässt, sagt sie mehr über Friedenspolitik und Kriegssgefahr also viele diplomatische Noten und Meldungen. Und Udo Lindenbergs Sonderzug nach Pankow hat in Ost-Berlin zu Zeiten Furore gemacht, als solche Lieder verboten waren. heute wollen wir mit Tim Bendzko mal kurz die Welt retten, mit Andreas Bourani König für eine Nacht sein.

Wir fördern dieses Liedgut. Wir sind eine der wenigen Gemeinden im Land, vielleicht sogar die einzige, die sich einen eigenen Kinderchor mit Ill Coretto leisten. A-capella-Auftritte wie die von Maybebop, Viva Voce, Sing Sing oder dem London Quartett gehören zu den Highlights in der Illipse, und am 4. November kommt mit ONAIR die derzeit beste A-Capella-Formation Europa in die Illipse. Unsere Preise sind zivil, kommen sie unbedingt vorbei. Soweit der Werbeblock.

Liebe Sängerinnen und Sänger, bei meinen Neujahrsempfängen sind Lieder immer ein Hauptteil des Events, weil sie ein Motto verkünden: Auch kleine Steine ziehen große Kreise von Udo Jürgens, Tabaluga… – es geht immer ums Ganze. Das war bei Kirchenliedern schon so, und das ist heute so. Zum Lobe des Herrn und der Welt. Die Gedanken sind frei, und wer sich treu bleibt, hat nichts zu bereu’n.

An meinem 60.Geburtstag habe ich ein Lied von Alexa Feser als Motto gewählt.

Wir müssen glauben, dass die Richtung stimmt und dieser Weg ein gutes Ende nimmt dass uns vielleicht nicht immer alles gleich, aber am Ende der große Wurf gelingt. Wir müssen glauben, dass die Richtung stimmt und das wir mehr als nur ein Zufall sind…

150 Jahre sind kein Zufall. Da muss man viel Herzblut aufbringen. Begeisterung macht das Spiel. Begeisterung macht das Lied. Herzlichen Glückwunsch zu 150 Jahren Chorgesang. Machen Sie weiter. Hüttigweiler braucht sie, wir alle schätzen Sie.