Armin König

Angela Krauß baut lyrische Brücken zwischen Prosa und Poesie

Ein Solitär der deutschen Literatur

Über Angela Krauß

Von Armin König

„Ich wollte die Welt werden, das All, der Traum, das Unendliche, ohne es vorher verstehen zu müssen.“
Angela Krauß. Aus: Im schönsten Fall

Angela Krauß ist eine feinfühlige Autorin, die sich mit einer einzigartigen lyrischen Prosa in der deutschen Literaturlandschaft etabliert hat. Sie beleuchtet in ihren Prosatexten eindrucksvolle die Komplexität menschlicher Erfahrungen und Emotionen. Sie ist eine exzellente Meisterin der Sprache, ihre Sätze funkeln – ihre oft schmalen Bücher, die an der Grenze zwischen Poesie und Prosa balancieren, zeugen von einer tiefen Reflexion über das Leben, die Gesellschaft und die persönliche Identität.

Angela Krauß ist in Chemnitz geboren. Über die Jahrzehnte hinweg hat sie sich als eine sehr eigene Stimme etabliert, die sich nicht leicht in die Kategorien der traditionellen Literatur einordnen lässt. Sie ist ein Solitär.

Andreas Platthaus hebt in seiner Würdigung zum 70. Geburtstag von Krauß hervor, wie ihre Schriften poetisch die Wahrheit in uns erforschen. Sie sei geprägt durch »ein lyrisches Schreiben, obwohl sie nicht als Lyrikerin gilt.«
Krauß‘ Fähigkeit, tiefgründige Fragen in einer assoziativen Poesie zu verankern, verleiht ihren Werken eine zeitlose Relevanz und eine tiefe emotionale Resonanz.

Sie selbst sagt: »Die Welt war dafür da, dass ich von früh bis spät über sie staune, sie kennenlerne, sie zu begreifen versuche, indem ich eine Form für diese merkwürdige Welt finde.“

Ihr literarisches Debüt „Der Dienst“, das in der späten DDR-Zeit entstand und später bei Suhrkamp veröffentlicht wurde, sowie der Gewinn des Ingeborg-Bachmann-Preises 1988, positionierten Krauß als eine der hoffnungsvollsten literarischen Stimmen ihrer Generation. Jedoch, wie Platthaus betont, wurde sie nie zur „literarischen Stimme Ostdeutschlands“ im engeren Sinne, da ihre Werke eine zu individualistische Perspektive einnehmen. Ihre Literatur bietet weniger eine gesellschaftskritische oder -affirmative Position, sondern vielmehr eine tiefgehende und persönliche Auseinandersetzung mit der Welt.

Peter Mohr und Marion Gees loben Krauß‘ Fähigkeit, Themen und Motive über verschiedene Werke hinweg miteinander zu verweben, was eine fortlaufende narrative und thematische Erkundung schafft. In „Der Strom“ zum Beispiel bewegt sie sich zwischen Erinnerungen, Zukunftsvisionen und Traumerscheinungen, während in „Im schönsten Fall“ und „Weggeküsst“ die Texte in eine Art poetischer Prosa übergehen, die eine intensive emotionale und intellektuelle Erfahrung schafft.

Kritische Stimmen wie die von Jörg Pottbecker heben hervor, dass Krauß‘ Werke durch ihre lyrische Dichte und die Tendenz zur Aussparung nicht immer leicht zugänglich seien. Dennoch ist es gerade diese Komplexität, die Krauß‘ Literatur ihre Tiefe und Bedeutung verleiht. Ihre Texte fordern den Leser heraus, sich mit den Aussparungen und dem Ungesagten auseinanderzusetzen, um die vielschichtigen Schichten der menschlichen Erfahrung zu erkunden.

Bio bei Suhrkamp:

Angela Krauß
Angela Krauß wurde am 2. Mai 1950 in Chemnitz geboren. Sie studierte an der Fachhochschule für Werbung und Gestaltung in Berlin und arbeitete dort für Messen und Ausstellungen. Von 1976 bis 1979 besuchte sie das Literaturinstitut »J.R. Becher« in Leipzig. Seit Anfang der 1980er Jahre veröffentlicht sie Prosawerke. Vortrags- und Lesereisen führten sie unter anderem an Universitäten in den USA und Kanada. An der Universität Paderborn war Angela Krauß Gastdozentin für Poetik. Sie ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Im Sommersemester 2004 hielt sie die Poetik-Vorlesung an der Universität Frankfurt unter dem Titel Die Gesamtliebe und die Einzelliebe. 2013 erhielt sie den Wilhelm-Müller-Preis des Landes Sachsen-Anhalt für ihr schriftstellerisches Gesamtwerk. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Leipzig.

Christine Lavant Preis 2019
Wilhelm-Müller-Preis 2013
Franz-Nabl-Preis 2011
Rainer Malkowski Preis 2010
Hermann-Lenz-Preis 2007
Literaturpreis »Kammweg« 2006
Ehrengabe der deutschen Schillerstiftung 2002
Thomas-Valentin-Literaturpreis 2000
Gerrit-Engelke-Preis der Stadt Hannover 2000
Stipendium der Villa Massimo in Olevano Romano 1999
New York-Stipendium 1997/98
Berliner Literaturpreis 1996
Bobrowski-Medaille 1996
Lessing-Förderpreis 1995
Stadtschreiberin in Graz 1990
Ingeborg-Bachmann-Preis 1988