Armin König

„Applaus Applaus“ für’s Ehrenamt

Rede von Bürgermeister Armin König beim Neujahrsempfang 2014 in der Illipse in Illingen

 

Die Magic Artists beim Illinger Neujahrsempfang mit einer sensationellen Vorführung.
Die Magic Artists beim Illinger Neujahrsempfang mit einer sensationellen Vorführung. © Chris Klos. Alle Rechte beim Fotografen.

„Applaus Applaus

für deine Worte.

Mein Herz geht auf,

wenn du lachst!

Applaus, Applaus,

für deine Art mich zu begeistern.

Hör niemals damit auf!

Ich wünsch mir so sehr,

du hörst niemals damit auf.“

 

Was für ein wunderbarer Song der Sportfreunde Stiller! Er könnte zur Hymne der Ehrenamtlichen werden. Zu unserem Neujahrsempfang 2014 hat er den Titel geliefert, und ich finde: Er passt!

Er passt für alle, die sich begeistern lassen.

Er passt für alle, die ein Herz für ihre Mitmenschen haben.

Er passt für alle, für die das Leben nicht Reichtum und Gier und Luxus heißt, sondern Glück, Erfüllung, Selbstentfaltung, Herzlichkeit und Menschlichkeit.

Das ist gewiss nicht einfach. Wir hangeln uns von Rettungspaket zu Rettungspaket, das Wetter macht, was es will, gigantische Überschwemmungen fordern von freiwilligen Rettern alles ab. Wir aber gestalten nicht Zukunft, sondern würgen gerade die Energiewende ab, weil wir Angst vor der eigenen Courage haben.

Natürlich gibt es Zweifler und Gegner, die andere Interessen haben. Aber ohne Debatten kein Fortschritt. Wir Kommunalpolitiker erleben das ständig, weil wir nicht nur mit Bürgern reden, sondern weil wir auch kritisiert werden. Davon geht die Welt nicht unter, das macht sie bunter. Warum hat die große Politik nicht den Mut, über Neues offen zu diskutieren, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen?

 

Traut euch was!

Mein Gott, traut euch was, dafür seid ihr gewählt! Große Koalition muss mehr sein als die Summe kleiner Karos.

 

Geiz ist geil ist vorbei, und es gibt keine unsichtbare Hand des Marktes

„Geiz ist geil“ ist vorbei. Schlecker ist pleite, Praktiker ist pleite, der alte Höll ist pleite. Hinterlassen haben sie Bruch und Dalles – und viele arbeitslose Menschen. Es gibt keine unsichtbare Hand des Marktes. Die gab es nie. Es war pure Ideologie eines amerikanisch-britischen Kapitalismus.  „Diese Wirtschaft tötet“, hat Papst Franziskus drastisch gesagt. Nehmen wir doch eine andere! Wir haben ja eine! Aber die Kirche ist dann auch gefordert.

 

Soziale Marktwirschaft gibt auch Schwachen eine Chance

Es ist die Soziale Marktwirtschaft, die auf Freiheit, Eigeninitiative und Gerechtigkeit setzt und auch Schwachen eine Chance gibt. Wir müssen die Soziale Marktwirtschaft wiederbeleben  und den Mittelstand unterstützen. Wir, die Engagierten, die Idealisten, die Praktiker! Mein Credo lautet: Die Familien-Unternehmer, die Selbstständigen, die Facharbeiter und Handwerker unserer Region müssen gestärkt werden – mit einem Finanzsystem, das auf die heimischen Sparkassen und Volksbanken setzt.  Und mit regionalen Energieversorgern, die nicht „Profit über alles“ wollen, sondern Daseinsvorsorge, Bürgernähe und Dienstleistungsqualität liefern. Heute nennt man das Public Value. Öffentliche Werte schaffen statt nur privaten Profit. Ich nenne als Beispiele das Gaswerk Illingen, die WVO, den AVI. Um sie zu stärken, müssen wir aber mitspielen und dürfen nicht jedem billigen Jakob nachlaufen. Billiglösungen waren schon oft schlechte Geschäfte.

 

Dürrenmatt und die Politik 

Der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt hat in einer großen Rede gesagt:

„Keine Politik der Welt kann die entscheidenden Fragen lösen, die uns bewegen. Richtige Politik denke ich mir als etwas höchst Bescheidenes, Unauffälliges, Praktisches; die Politik der Elefanten und Ochsen ordne ich den Naturkatastrophen zu. Erst hinter den Kulissen dessen, was von der Politik, vom Staat vernünftigerweise zu fordern ist und was auch zu leisten wäre, nämlich Freiheit und soziale Gerechtigkeit, beginnen die nicht selbstverständlichen, die entscheidenden Fragen, die nicht gemeinsam zu lösen sind, die aber jeder einzelne zu lösen hat.“

Einmischen, aufmischen, mitmischen – darum geht es. Für Bürgerinnen und Bürger. Für Städte und Gemeinden.

 

Fortschrittliche Politik

Illingen steht für eine bürgernahe, fortschrittliche Politik. Und Illingen hat ein Gesicht. Das soll so bleiben,  indem wir die Bürger intensiv miteinbeziehen, wie bei der vor ort ideenwerkstatt zum Thema Höll-Umfeld. Oder beim Generationendialog in der Illipse. Auch das war eine schöne Erfahrung. Und auch die Einwohnerwerkstatt in Hirzweiler hat spannende Ergebnisse gebracht.

Dafür will ich im Jahr der Kommunal- und Europawahl plädieren: Die Bürgerinnen und Bürger intensiv zu beteiligen, in Zukunft auch beim Haushalt. „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ Wir setzen auf einen Erfolg der Ortskernentwicklung. Deshalb brauchen wir jetzt klare Signale: von der SBB, vom Land, vom Investor. Abriss, Planung, Finanzierung, Neubau.

1400 Bürgerideen waren eine großartige Ausbeute. Roland Gruber und sein Team haben ein realisierbares Konzept daraus gemacht. Aus einem Konzept müssen konkrete Pläne werden, aus Plänen Bauwerke, Wohnungen, Geschäfte, Parkplätze und ein neuer Marktplatz, Gastronomie, ein neues Besi, eine neue Art des Wohnens für Menschen mit Handicap. Und vielleicht auch eine Untergrund-Disco.

Meine Bitte an den Investor: Sagen Sie bald ja. Meine Bitte an die Landesregierung: Gebt uns die Mittel, die wir brauchen. Wir werden euch auch diesmal nicht enttäuschen und Vorbildliches bauen. Meine Bitte an die SBB: Reißen Sie alten Schrott ab, den wir nicht mehr brauchen, damit die Bürger sehen, dass sich was tut. Sie kriegen ganz viel Applaus, Applaus, wenn das bald über die Bühne geht. Von vielen, vielen Bürgern.   Bürger sind die besten Experten für ihren Ort. Bürgerbeteiligung 3.0  – bloß keine Scheu vor Leuten. Denn sie verändern die Welt. Im Kleinen und im Großen.

 

Vitale  Gemeinde – dank der Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren

Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Neujahrsansprache ein Lob des Ehrenamtes gesungen. In Illingen ist das schon lange selbstverständlich. Wir wollen heute danke sagen und die auszeichnen, die das ganze Jahr über für uns da sind: Menschen, die mit Herzblut für die gute Sache kämpfen – für uns und unser Dorf, für Vereine und Initiativen, für Menschen in Not, für Alte und Kranke, für Kinder und für Talente. Meine Damen und Herren, wir wissen Sie und Ihre freiwillige Arbeit sehr zu schätzen. Was wären wir ohne Sie?! Unsere Sportvereine, unsere Musikvereine, unsere Chöre, unsere Kirchen, die Schulen und Kitas, die Feuerwehren und das Deutsche Rote Kreuz, das THW und der ASB, Caritas, und Awo, die Sozialverbände und die Tafel wären ohne die Ehrenamtlichen überhaupt nicht denkbar. Applaus Applaus für eure Arbeit, Applaus Applaus für eure Art, uns zu begeistern.

Es ist ja nicht selbstverständlich, dass sich Frauen und Männer in Gefahr begeben, um Leib und Leben ihrer Mitmenschen zu schützen. Ob bei Bränden, bei Unfällen, bei Naturkatastrophen – unsere Freiwillige Feuerwehr ist immer da, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Gleiches gilt für DRK und Technisches Hilfswerk. Heute ehren wir die 18 Helfer des THW und die Helfer der Freiwilligen Feuerwehr, die bei der Flut in Sachsen im Sommer letzten Jahres im Einsatz waren. Die haben das alle freiwillig gemacht, mit Handarbeit Deiche und Dörfer gesichert und Menschen und Tiere gerettet.  Für die großartige Arbeit, die Feuerwehr und THW zuweilen bis an die Grenze der Erschöpfung fordert, will ich Ihnen im Namen der Gemeinde herzlich danken. Das ist vorbildliches Bürgerengagement. Applaus Applaus für eure Art, uns zu begeistern.

Es ist auch nicht selbstverständlich, dass Menschen ihren Urlaub opfern, um Hilfsgüter für Kinder in Not zu sammeln und diese dann auch noch tausende Kilometer bis nach Rumänien zu fahren. Ein ganz besonderes Dankeschön allen, die mit Hilfsprojekten Kindern in Not helfen – ob in unserem Land oder in Rumänien, in Benin, in Togo oder anderen Teilen der Welt. Stellvertretend nenne ich die Aktion Lausbubendorf Wustweiler, das DRK Hüttigweiler, die Aktion Palca, das Afrika-Projekt Tosunga. Aber es geht auch um Hilfen hier vor Ort. Da sind die vielen Helferinnen und Helfer der Tafel, die das seit nunmehr fünf Jahren machen. Mit ihrer Hände Arbeit Menschen helfen, die diese Hilfe brauchen. Applaus Applaus für eure Hilfe.

Es ist ja nicht selbstverständlich, dass sich Menschen mit Witz und Verstand monatelang Gedanken machen, wie sie ihr Publikum mit Pointen zum Lachen und zum Klatschen bringen. Unsere Karnevalvereine gehören zum Besten, was dieses Land karnevalistisch zu bieten hat. Ohne sie wäre der Rosenmontagszug in Illingen nicht zu stemmen, ohne sie wären der 11.11. und der Fasendsamstag in Illingen nicht denkbar.  Normal ist das nicht, dass die Karnevalvereine einer Gemeinde an einem Strang ziehen und gemeinsam für Lust und Laune sorgen. Ihre Jugendarbeit ist richtig klasse. Aber ohne die vielen Privaten, ohne Vereine und Initiativen hätten wir niemals 80 Gruppen und 1500 Teilnehmer. Ich wage zu behaupten, dass wir in den letzten elf Jahren über zehntausend Teilnehmer und über hunderttausend Besucher bei unseren Rosenmontagszügen hatten. Die schwärmen von Illingen. Das ist Begeisterung pur. Das ist Lebensfreude. Das ist Illingen. Applaus Applaus für eure Arbeit, Applaus Applaus für eure Art, uns zu begeistern. Und alleh hopp. Macht weiter so.

 

Lob für die Politik – ungewöhnlich, aber notwendig 

Aber auch die Politik ist angewiesen auf Ihr ehrenamtliches Engagement, meine Damen und Herren. Sie sind es, die die Demokratie hier vor Ort lebendig halten. Und deshalb ist es so wichtig, dass bei der Kommunalwahl 2014 wieder viele bereit sind, sich aufstellen zu lassen. Politische Arbeit ist nicht immer mit Lob verbunden. Gerade deshalb will ich die Gelegenheit nutzen, unsere ehrenamtlichen Politiker zu loben. Ihre Arbeit ist unbezahlbar.

Deshalb sind wir eine vitale Gemeinde. Mit vielen Projekten, Ideen wie der Bürger-Aufbau-Aktion Schutzhütte in Hüttigweiler, wo sich Guido Jost zusammen mit den Vereinen sehr engagiert hat, der CDU-Initiative für die Jakobshütte in Uchtelfangen. Wolfgang Scholl begeistert mit Aktivitäten, Dieter Schwarz schleppt bei Wustock wie jeder andere aus dem Team Kisten und Tische und Bühnenteile. Helmut Raber hat in Hirzweiler den Bürgerdialog initiiert. Auch die Aktion Gesunde Gemeinde ist vorbildlich. Gehen Sie zu Wahl. Stärken Sie damit die lokale Demokratie.

Natürlich schätzen wir auch die Profis. Christian Petry ist jetzt einer von Ihnen. Er ist der erste Bundestagsabgeordnete der Gemeinde Illingen und seit  ein paar Tagen Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion. Auch die Gemeinde ist darauf stolz. Herzlichen Glückwunsch, Christian, darüber freuen wir uns sehr. Wir wünschen dir viel Erfolg in Berlin – und denken, dass du unsere Interessen zusammen mit Nadine Schön gut vertrittst. Mit Roland Theis haben wir wieder einen Landtagsabgeordneten, und CDU-Generalsekretär ist er auch. Mach was für uns, Roland. Wir brauchen deine Hilfe zum Beispiel bei den Landeszuschüssen für die Umnutzung des Höllgeländes.

 

Talente fördern und Kindern die Freiheit lassen, die Welt zu entdecken und sich zu entwickeln

Stolz zu sein ist das eine. Wir dürfen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Deshalb müssen wir Talenten den Weg in die Zukunft ebnen: im Sport, in der Musik, in der Kultur und in der Politik. Das  ist unsere Aufgabe als Erwachsene, als erfahrene Ehrenamtler und Profis. Schaffen wir die Voraussetzungen, dass das Dorf auch weiterhin das Tor zur Welt ist, das Sprungbrett, um Höheres zu erreichen – durch Jugendförderung, durch Sport- und Kulturförderung, durch Zeit, die wir investieren. Dazu gehören Ermutigung für unsere Kinder und Jugendlichen, Förderung, Lust auf Neues und Freiheit. Kinder und Jugendliche brauchen Freiheit – Freiheit zur Entwicklung, die Freiheit, auch Fehler zu machen. Ohne Fehler und Rückschläge keine Weiterentwicklung! Dazu gehören aber auch Vorbilder, die den Talenten den Weg ins Offene ebnen – mit allen Risiken – und ihnen den Rücken stärken, wenn sie uns brauchen. Lassen Sie uns solche Ermutiger, Förderer und Vorbilder sein. Wir haben das Potenzial.

 

Weltoffen, kulturaktiv, tolerant, europäisch

Illingen ist eine weltoffene, tolerante Gemeinde. Wir sind eine der europaaktiven Kommunen des Saarlandes. Ich halte nichts von den Euroskeptikern, die Ängste schüren. Aus Ängsten, Vorurteilen, Ressentiments, Nationalismen ist vor hundert Jahren der Erste Weltkrieg entstanden. Wir setzen auf Versöhnung und Friedenspolitik. Natürlich kann und muss man kritisieren. Auch Europa, auch die Kommission.

Wir hatten Visionen und bekamen Barroso. Das ist nicht prickelnd. Aber die furchtbaren Vereinfacher bringen uns nicht weiter. Wollen Sie wieder Geldumtausch und Grenzkontrollen, wenn sie nach Frankreich, Spanien, Luxemburg, Holland, Österreich in Urlaub reisen?  Ich nicht. Ich bin ein Freund Europas. Und so europafreundlich sieht auch unsere Politik aus. Wir sind mit der deutsch-französischen Partnerschaftsplakette ausgezeichnet worden, die Partnerschaften mit Polen und Ungarn sind lebendig, wir helfen in Benin.

 

Kultur ist Lebenselixir

Und unser Kulturprogramm hat internationalen Touch und ist erste Sahne. Im Jazz gehören wir zur ersten Liga im Land, in der Klassik auch, Martin Stadtfeld ist einer der besten Bach-Pianisten Europas. Er kommt im November. Wir haben als erste saarländische Gemeinde einen Artist in Residence – Roman Wasserfuhr. Er ist ein ganz sympathischer Jazzer. Und einer der besten Deutschlands und spielt am Montag im Rathaussaal mit seinem Bruder Julian, einem genialen Trompeter.

Aber bei uns haben auch die regionalen Künstler eine Chance: Sebastian Volz, Ivette Kiefer, Patric Busch, Mrs. Train, der Musicalchor des Illtal-Gymnasiums, der Theaterverein Illingen, der Musikverein Wustweiler, der mit Vino e musica einen Knaller gelandet hat, der Musikverein Hüttigweiler, der Musikverein Wemmetsweiler, der diesmal ein amerikanisches Gastspiel gibt, das Blasorchester, die Zupfer, Il Coretto, der Madrigalchor, die Kirchenchöre, das Ensemble Vocale, Querbeat und viele andere. Kultur ist Leben, Kultur ist Identität, Kultur ist das, was übrig bleibt, wenn der Konsum schal und leer und sinnlos geworden ist. Kultur ist Lebenselixir.

 

Wir sind die Mutigen: Wir investieren in Bildung, Kultur und Umwelt 

Wir sind die Mutigen. Wir investieren in Bildung, Kultur und Umwelt. Und in unsere kommunalen Werte. Wir lassen sie nicht verkommen.

Wir hören auf unsere Bürgerinnen und Bürger und beziehen sie ein.

Hier sitzen sie, stolz und zufrieden mit ihrem Engagement. Das dürfen sie auch sein, weil sie damit andere glücklich machen. Applaus Applaus.

Für Menschen, die sich einsetzen.

Für Menschen, die unsere Demokratie lebenswert machen.

Für Menschen, die unser Illingen liebenswert machen.  Hören Sie nun einen Ausschnitt der Sportfreunde Stille, bevor ich noch einige wenige Sätze sage.

 

Danke!

Ihnen allen, die Sie Verantwortung tragen, die Sie sich engagieren, die Sie Illingen lebenswert und liebenswert machen, sage ich „danke“ im Namen der Gemeinde.

Frohes neues Jahr und viel Glück. Und bleiben Sie gesund.