Aus der Zeit gefallen: RWE-Dino Jürgen Großmann – Konzern in der Sackgasse

Keiner hat so hemmungslos versucht, die Bundesregierung zu beeinflussen – andere sagen: politisch zu erpressen – wie RWE-Chef Jürgen Grossmann. Seine Chuzpe ist legendär. Bei der großspurigen Aktion der deutschen Wirtschaftsbosse im Jahr 2010, die Bundesregierung gegen Volkes Stimme und Volkes Willen zur Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke zu zwingen, spielte Großmann den Goliath. Damit hatte er kurzfristig Erfolg, obwohl die Nachhaltigkeit seiner Strategie schon damals in Frage stand. Es ging in erster Linie um kurzfristige Vorteile. Strategisch war das nicht, was er mit seinen großen Jungs von der Dax-Front zelebrierte. Vor allem aber war es großspurig und Stakeholder-feindlich – gegen die Interessen einer generationengerechten Umwelt- und Energiepolitik.

Doch seit Fukushima ist alles anders. Der Atomausstieg erscheint unumkehrbar, selbst bulldozerhaftes Auftreten kann die Politik nicht mehr schrecken. Dafür hat Großmann auf seinem ureigenen Terrain ein Trümmerfeld hinterlassen. Das so wichtige Verhältnis zur Politik ist nachhaltig zerrüttet.

Plötzlich erscheint der Mann, den auch Mitarbeiter als beratungsresistent beschreiben, aus der Zeit gefallen. Der kriegt keinen Fuß mehr auf den Boden – und nun gebärdet er sich wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hat. Atomkraftwerke sind aber keine Spielzeuge. Da hat einer den Schuss nicht gehört, eigentlich Anlass für Aufsichtsräte, einzugreifen. Und sie hätten jede Menge Gründe.

Wer so handelt  wie Großmann, hat seine Manager-Hausaufgaben nicht gemacht.

Zu den zentralen Aufgaben des Top-Managements gehört Leadership in Umbruchzeiten. Diese Führungsrolle verlangt Partizipation, Orientierung und eine Umweltanalyse, die die Interessen der Stakeholder stark gewichtet. Doch das ist derzeit ein großes Defizit beim mächtigen RWE. Stakeholder-Interessen scheinen derzeit nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die Leitlinie stimmt nicht, die Kommunikation versagt. Wie sollte sie auch funktionieren in einer solch verfahrenen Situation?

Aber selbst auf betriebswirtschaftlichem Gebiet ist Großmann zum Loser geworden. Die falsche Strategie des Energieriesen ist auch Shareholder-feindlich und hat hunderte Millionen an Börsenwert vernichtet – und ein Turnaround ist nicht in Sicht. Ja, Jürgen Großmann scheint aus der Zeit gefallen. Ein Dino, wie ihn der Nabu 2010 genannt hat. Er hat RWE in die Sackgasse geführt und kann nun nicht mehr zurück, weil sein Ego dies nicht zulässt. Der RWE-Konzern wird, so das Handelsblatt, nur noch als „technisch und strategisch veralteter Dinosaurier wahrgenommen“. Großmann sitzt in der Strategiefalle, die er selbst aufgebaut hat.

Eigentlich müsste er wegen Erfolglosigkeit Konsequenzen ziehen. Und wenn er’s nicht macht, dann eben der Aufsichtsrat.

 

Armin König