Armin König

Die "Agentur ländlicher Raum darf nicht sterben"

Der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung im Saarland (KPV), Tholeys Bürgermeister Hermann-Josef Schmidt, hat in einem Brief an Wirtschaftsminister Hartmann (FDP) gegen die drohende Zerschlagung der Agentur ländlicher Raum protestiert. Hier sein Schreiben:

Sehr geehrter Herr Minister Hartmann,

die Agentur ländlicher Raum wurde 1999 beim saarländischen Umweltministerium als Fachreferat für Regionalentwicklung eingerichtet und gehört seit Bildung der JAMAIKA-Regierung organisatorisch zum Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft, Referat F/4 Regionalentwicklung, ländlicher Raum.

Unter dem Motto „Wir machen Luscht auf‘s Dorf“ unterstützt sie die Bürgermeister, Gemeindeverwaltungen und Ortsvorsteher bei allen Fragen der baulichen und gesellschaftlichen Dorfentwicklung u.a. durch:

• Dorfberatung und Dorfbegleitung beim Weg durch den demographischen Wandel,
• Dorfbegehungen, die der Ermittlung der spezifischen Stärken und Schwächen des Ortes dienen,
• Dorfgespräche, bei denen konkrete Bedürfnisse, aber auch „Missstände benannt und ein Planen „über die Köpfe hinweg“ vermieden werden soll,
• Beratungen zu Fördermöglichkeiten,
• Betreuung von Arbeitsgruppen, die im Rahmen der Dorfgespräche entstehen,
• Konzeption, Organisation und Umsetzung von Fortbildungsveranstaltungen und Seminaren zur Dorfentwicklung und dem Leben im ländlichen Raum für Kommunalverwaltungen, Mandatsträger, Ortsvorsteher und Vereine.

In den zurückliegenden Jahren wurden von der Agentur Hunderte von Dorfgesprächen, noch mehr Dorfbegehungen und Dorfberatungen sowie zahlreiche Weiterbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt. Damit wurden erhebliche Fördermittel -vielfach kleineren Umfanges – in die saarländischen Gemeinden und Dörfer gebracht.

Die Wettbewerbe Tatort Dorfmitte 2008 und Tatort Dorfmitte 2009 – Förderung von Bürgerprojekten zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements – ließen die Agentur ländlicher Raum weit über die Grenzen des Saarlandes bekannt werden. Darüber hinaus wurden bis dato zahlreiche sogenannte MELanIE-Projekte (Modellprojekte zur Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch innerörtliche Entwicklung) angestoßen. Modellprojekte, die zeigen sollen, wie den Herausforderungen des demographischen Wandels begegnet werden kann. Die Projekte fanden bundesweit Beachtung und bei den Bürgerinnen und Bürgern der beteiligten Orte und Gemeinden wurden sie ausgezeichnet angenommen.

Die innovativen Denkansätze der Agentur sind in die Beratungen der GAK-Ausschüsse eingeflossen und werden von den Ministerien anderer Bundesländer angefragt.
Der Koalitionsvertrag der Landesregierung trägt folgenden Passus:

„Wir wollen die erfolgreiche Arbeit der Agentur ländlicher Raum kontinuierlich fortsetzen und deren Engagement eng verzahnen mit den vielfältigen Maßnahmen der Dorfentwicklung und den innovativen Aktivitäten in den saarländischen Leader Regionen. Wir werden prüfen, inwieweit die Aktivitäten der Agentur auf den städtischen Raum ausgedehnt werden können.“

Der Landesvorstand der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU im Saarland hat mit großer Betroffenheit Kenntnis davon erlangt, dass die Agentur ländlicher Raum mit Wirkung vom 02.01.2011 – in der Besetzung Otmar Weber und NN – zum Landesamt für Agrarwirtschaft und Landentwicklung verlagert werden soll, wobei Herr Weber zusätzlich Verwaltungsaufgaben dieses Amtes mit übernehmen soll. Die Stellen von NN und NN entfallen. Dadurch ist die Agentur erheblich personell ausgedünnt. Eine Fortsetzung der Arbeit im bisherigen Maße wird nicht mehr möglich sein. Auch wird dadurch die Dorfentwicklung räumlich von der Agentur getrennt, was nicht zukunftsorientiert ist. Zudem besteht die Gefahr, dass die finanziellen Mittel der Agentur, die bisher insbesondere den Kommunen des ländlichen Raumes zugute kamen, eingespart oder doch erheblich reduziert werden.

Mit dieser Entwicklung sind auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der CDU im Saarland nicht einverstanden. Hier wird eine erfolgreiche Arbeit quasi beendet, ein adäquater Ersatz scheint nicht in Sicht. Dagegen protestieren wir in aller Form.

Langfristig scheint es sinnvoller, die Agentur und die Dorfentwicklung personalisiert an einen Ort (z. Bsp. im Amt in Lebach) zu verlagern und ggf. mit der Flurbereinigung zu verzahnen. Mittelfristig könnte somit auch eine Personaleinsparung erreicht werden. Die bisher bescheidenen Mittel der Agentur sollten dem ländlichen Raum aber vollumfänglich erhalten bleiben.

Ich bitte Sie um Verständnis für diese unsere Haltung und bitte um wohlwollende Prüfung unseres Anliegens.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Josef Schmidt,
Bürgermeister, Landesvorsitzender der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU Saar