Armin König

Ein Dorf ist keine Idylle – Versuch einer Erklärung

EIN DORF IST KEINE IDYLLE
Ein Dorf ist nicht die Welt, das hat schon Friedrich Dürrenmatt treffend erkannt. Und doch ist das Dorf, und damit auch mein Dorf, ein Mikrokosmos, eine Welt im Kleinen. Ein local global village, seit wir internettelnd und facebookend alle miteinander verbunden sind.
Alles kommt vor: Liebe und Leid, Trost und Hoffnung, Mord und Totschlag.
Ein Dorf ist keine Idylle.
Wer hier lebt, bekommt das ganze Programm huckepack.
Es gibt Aufschneider und Abschatter, Krallemacher und Gruweschuhversteckler. Es gibt Denker und Lenker, Feinfühlige und Grobiane.
Es geschehen Zeichen und Wunder, es werden Tragödien und Komödien gespielt.
Vor allem aber findet hier das ganz normale Leben statt: Hinter jedem Dach ein Ach. Das Glück kennt nur Minuten, der Rest ist Wartesaal, sagen die Einen.
Man muss nur die Augen öffnen, um die Wunder des Lebens in der Provinz genießen zu können, sagen die Anderen.
Jeder hat auf seine Weise Recht.
Ein Dorf ist keine Idylle.
Hier will ich leben. Hier darf ich Politik machen. Hier kann ich gestalten und nicht nur verwalten. Weil es hier spannend ist wie sonst nirgendwo, macht diese Arbeit viel Freude.
Ich kenne meinen Mikrokosmos und ich liebe ihn – in all seiner Unberechenbarkeit, Unstetigkeit, Stetigkeit.
Ich kenne die handelnden Personen, und die handelnden Personen kennen mich. Das macht diese reale kleine Welt berechenbar.
Aber wir sind nicht gefangen in dieser lokalen Welt, sondern mit vielen anderen kleinen, lokalen Welten verbunden und vernetzt.
Das gefällt mir, um es Facebook-like zu schreiben.

Ein jedes Dorf ist heute die Welt. Eine bessere, spannendere gibt es – vielleicht – hier nicht. Aber wir können sie jederzeit in unser Wohnzimmer holen. Multimedial. Flatscreen, Flatrate, Flatfoot.

Jedes Dorf als Global Village.
Die Realität hat die kühnsten Visionen überholt.