Ihr seid Stadt – also macht mit beim Zukunft-Bauen

 

Essentials aus zwei Vorträgen in Hohenems (Voralberg) und Aalen (Ostalbkreis)

von Dr. Armin König

Quartiersentwicklung ist mehr als Stadtplanung. Sie ist Lebensplanung. Sie ist die Kunst, unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten – mit Fantasie, Mut und mit dem festen Willen, ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen.

Es geht nicht nur um Gebäude, Straßen und Plätze. Es geht um Lebensqualität, Daseinsvorsorge, faire Chancen für alle, um Inklusion und Generationengerechtigkeit. Vor allem aber geht es um die Frage: Wie wollen wir miteinander leben – im Quartier, in der Stadt, in unserer Gesellschaft?

Friedrich Dürrenmatt hat gesagt: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ Genau darin liegt der Kern moderner Quartiersentwicklung. Sie lebt von Beteiligung, vom Dialog, vom Mut, neue Wege auszuprobieren.

Bürgerbeteiligung als Schlüssel

Aus Illingen habe ich die Erfahrung mitgebracht: Bürgerbeteiligung ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit.

Die besten Ideen entstehen nicht am grünen Tisch, sondern dort, wo Menschen ernst genommen werden – mit Ideengläsern, bunten Bändern, spontanen Skizzen, offenen Debatten. So entsteht Baukultur, die Identität stiftet.

Denn Stadt ist nicht nur gebauter Raum. Stadt ist sozialer und kultureller Raum, Lebensraum und Begegnungsraum.

Innovation und Zukunftsinvestitionen

Wir dürfen nicht verwechseln: Sparen ist nicht automatisch nachhaltig. Totsparen zerstört Zukunft.

Die Städte, die Regionen, die Quartiere, die ich in den letzten Monaten besucht habe – in Österreich, in Südtirol, in der Schweiz, in Baden-Württemberg – sie alle haben verstanden:

•Förderung geht auch ohne Bürokratie, ohne „Rechtspersönlichkeit“.

•Es gibt Förderlotsen, Qualifizierungsakademien, kurze Wege.

•Vor allem gibt es das Bewusstsein: Wir alle sind die Stadt, wir alle sind die Gemeinde, wir alle sind der Staat.

Deshalb gilt: Wir müssen kreativ investieren. Für uns. Für unsere Kinder. Für kommende Generationen. So einfach ist das.

Baukultur: Gegen Mittelmaß, für Identität

Einkaufszentren von der Stange, Copy-Paste-Siedlungen, sterile Quartiere – all das zerstört die Seele einer Stadt.

Baukultur heißt dagegen:

•das Eigene sichtbar machen,

•Geschichte und Zukunft miteinander verbinden,

•Identität durch Teilhabe schaffen.

So entsteht ein Quartier, das mehr ist als Beton – ein Quartier, das Heimat wird.

Mut und Fantasie

Mut und Fantasie sind die entscheidenden Ressourcen. Sie sind wichtiger als Geld.

Denn:

•Mut bedeutet, gegen Gewohnheiten und mächtige Interessen zu bestehen.

•Fantasie bedeutet, über das Naheliegende hinauszudenken.

•Ausdauer bedeutet, den langen Atem zu behalten – denn Quartiersentwicklung ist ein Marathon, kein Sprint.

Es geht um alles.

Um Lebensqualität.

Um Daseinsvorsorge.

Um faire Chancen für alle.

Um Generationen-Gerechtigkeit.

Um Inklusion.

Um Armut.

Um Altern.

Um Pflege.

Um Zeit.

Um uns.

 

Um unser Leben.

Um unsere Zukunft.

Und vor allem:

Um das unserer Kinder und Enkel.

WIR ALLE WOLLEN GUT LEBEN.

Ohne Sorge

Das ist

DASEINSVORSORGE.

 

Vor uns liegt der Sprengsatz Demografie.

Wir müssen unangenehme Wahrheiten zur Kenntnis nehmen.

Die Gesellschaft altert.

Die Städte, Dörfer und Quartiere sind darauf nur unzureichend vorbereitet.

Der Verkehr ist autogerecht, nicht menschengerecht.

Die Leerstände nehmen zu. Nicht nur die Geschäftsleerstände.

Auch die Wohnhaus-Leerstände. Die Mitte verwaist.

Gleichzeitig wird an Ortsrändern weiter neu gebaut. Einfamilienhäuser.

Das ist sträflicher Leichtsinn und zerstört gewachsene Strukturen.

Die Kaufkraft geht zurück, weil Geschäfte schließen.

Die Remanenzkosten für die Infrastruktur steigen.

Immer mehr ältere Menschen müssen immer mehr dafür bezahlen.

Viele können das nicht mehr.

Jungpolitiker und Populisten haben uns Boomern den Krieg erklärt.

Bei der Rente, bei der Arbeit, in Machtfeldern der Politik.

Das ist ignorant, respektlos und verantwortungslos.

Wir haben zu wenig Wohnungen, und wir haben die falschen Wohnungen.

 

Deshalb müssen wir handeln.

 

Wer etwas verändern will,

muss das selbst in die Hand nehmen.

Die Politik lähmt sich selbst. Sie ist festgefahren.

Das war bei der Ampel so, das ist schon wieder so.

Aber ich schimpfe nicht.

Wir dürfen das Feld nicht den Extremisten von rechts überlassen.

Es ist unsere Demokratie. Es ist unsere Heimat.

Also müssen wir auch selbst anpacken.

Wir können das. Ihr könnt das auch.

 

Wir wollen keinen Krieg der Generationen.

Wir wollen einfach nur gut zusammenleben im Quartier, in der Gemeinde, in der Stadt.

Die Essentials – also die wesentlichen Punkte:

  • Mut, Fantasie, Ausdauer.
  • Und die Macht der Bürgerbeteiligung.
  • Du brauchst einen Plan. Eine Vision. Und die besten Experten.
  • Stadt ist sozialer Raum. Kulturraum, Lebensraum, gebauter Raum.
  • Echte Beteiligung ist zwingend. Das ist Sozialkapital.
  • Sozialkapital der Bürgerschaft ist Millionen wert.
  • Nicht Grundsatzdiskussionen sind wichtig, sondern konkrete Arbeit.
  • Perspektivischer Inkrementalismus. Klingt schwierig, ist leicht. Salamitaktik. Einfach loslegen.
  • Holen Sie die Besten ins Boot, um gemeinsam zu rudern.
  • Der Bürgermeister und die Politik haben nicht immer Recht.
  • Machen Sie keine faulen Kompromisse, sondern finden Sie das Beste für Ihre Stadt, Ihre Gemeinde, Ihr Quartier.
  • Rechnen Sie mit Rückschlägen, Frustrationen, wechselhaftem Zeitgeist.
  • Informieren Sie permanent. Kommunizieren Sie, soviel es geht.
  • Mit Gespür, nicht mit Parteipolitik.
  • Und wehren Sie sich gegen eindimensionale Investoreninteressen. Die Stadt gehört den Menschen, nichtRenditejägern.
  • Schaffen Sie Zentren der Begegnung, der Inklusion, der Verständigung.
  • Und feiern Sie Erfolge ausgiebig. Das befreit und macht Spaß. Und macht andere Kommunen ein bisschen neidisch.

Wenn du einen Weg gehen willst, gehe ihn.

Am besten gemeinsam mit anderen.

Viel Erfolg dabei.

Ihr seid Stadt. Wir sind Stadt.