Armin König

Illingen im Wandel

Fragen von Forum-Autor Falk Enderle und Antworten von Illingens Bürgermeister Armin König zur Ortskernentwicklung

Enderle: Sind Ihre Ideen zur City-Entwicklung auf dem Höllgelände In Illingen in einen größeren Masterplan eingebettet? Wie sieht dieser aus?

König: Natürlich, wir haben ein so genanntes Teilräumliches Entwicklungskonzept aufgestellt. Das gilt für den ganzen Ortskernbereich von Illingen. Wir müssen in jedem Fall die Hauptstraße einbinden, den Bahnhof, wollen kurze attraktive Fußwege zur Illipse, zur Burg, zum Burghotel und zur Ill garantieren. Auch der Eingangsbereich zum Ortskern muss verändert werden. Und wir wollen den Einzelhandel vitaler machen. Da muss mehr Power rein. In anderen Bereichen klappt das schon besser. Schon jetzt ziehen unsere Spezialmärkte zehntausende Besucher an, zum Beispiel der Viehmarkt, der Wurstmarkt oder der Mittelaltermarkt. Unser Ziel ist eine aktive, vitale City mit Charme. Die Hausbesitzer müssen aber auch mitziehen. Die wollen wir ebenfalls aktivieren. Aus diesem Teilräumlichen Konzept, entwickelt sich schließlich ein Gemeindeentwicklungskonzept für ganz Illingen. Das soll in diesem Jahr vom Gemeinderat verabschiedet werden.

Enderle: Illingen durfte beim 8. International Conference on Urban Planning and Environment 2008 referieren – was können Städteplaner heute von Illingens Beispiel lernen?

König:  Dass man sich nicht mit phantasielosen Investorenlösungen von der Stange begnügen soll, sondern selbst individuelle Lösungen mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet. Und dass man den Leuten die Wahrheit über den demographischen Wandel sagen muss. Die Wahrheit ist den Bürgern zumutbar. Man muss sie informieren, motivieren, mobilisieren. Und man muss Mut haben, Ideen in die Tat umzusetzen. Das Thema hieß damals „Motivating the population to cope with the demographic change“ – die Bevölkerung motivieren, den demographischen Wandel zu meistern.

Enderle: Ausgerechnet Bauen gegen Entvölkerung – ist dies der richtige Weg angesichts wachsender Leerstandszahlen in saarländischen Kommunen?

König:  Selbstverständlich brauchen wir Strategien gegen Leerstand. Illingen hat sie erfolgreich erprobt. Dazu gehören Umbau, Umnutzung, Abriss – und Neubau. Es wird immer Menschen geben, die ihr eigenes Haus nach eigenen Vorstellungen neu bauen wollen. Das bleibt auch so, auch in Illingen. Die Bürger dürfen aber nicht mehr im Außenbereich der Gemeinde bauen. Dieser Verzicht ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Ich würde im Saarland Neubaugebiete im Außenbereich generell verbieten. Bei uns gilt das Motto: Zurück in die Mitte, dort wo schon Kanäle und Leitungen und sonstige Infrastruktur vorhanden sind. Denn es werden ja auch Häuser abgerissen, die nicht mehr zu halten sind. Wir wollen wieder echte Kerne, wo sich etwas abspielt. Das ist ein Schlüssel für die Zukunft. Mit Neubauten und Umbauten. Und an manchen Stellen mit „mehr Dorf für weniger Bürger“.

Enderle:  Treten Sie nun in anhaltenden, schärferen Konkurrenzkampf mit anderen Kommunen, um künftige Generationen vom lebenswerten Leben in Illingen zu überzeugen? Oder setzen Sie eher auf barrierefreies Wohnen in einer alternden Gesellschaft?

König: Ich halte nichts von interkommunalem Kannibalismus. Den können wir uns nicht leisten. Wir müssen viel mehr kooperieren, um Kräfte und Geld zu bündeln. Das gilt vor allem für die klassische Verwaltung. Aber wir unterscheiden uns auch, und natürlich wird es Gewinner und Verlierer geben. Wer sich heute an den demographischen Wandel anpasst und dabei Neues wagt, hat morgen die besseren Karten. Wir wollen Vorreiter sein. Es geht natürlich um lokales Profil: Wer eine Illipse hat, wer mit dem Illtaler hunderttausende Euro an Kaufkraft bindet, wer Kultur groß schreibt, wer Bildung für alle mit tollen Schulen wie dem Illtal-Gymnaisum serviert, wer purer Natur im Ortskern hat, wer Barrierefreiheit und Lebensqualität anbietet, hat bessere Chancen. Darauf setzen wir: Auf harte Facts wie Arbeitsplätze und Wirtschaftsfreundlichkeit für die jüngere und mittlere Generation, auf Familienfreundlichkeit mit der Familienkarte, auf neue Wohnformen für ältere Menschen und Bürger mit Handicap, auf medizinische Versorgung mit Haus- und Fachärzten, aber auch auf weiche Standortfaktoren. Von einer Konzentration auf die ältere Generation halte ich nichts. Die alternde Gesellschaft betrifft ohnehin alle Gemeinden im Saarland, das habe ich auch in meinem Buch „Bürger und Demographie“  beschrieben. Damit kann sich keiner profilieren. Wir setzen auf alle Generationen, auf jung und alt. Die Mischung macht’s. Barrierefreiheit ist auch für Familien gut. Dann lassen sich auch Kinderwagen besser schieben.