Im TTIP-Gespräch – Wenn Michael Fuchs schwadroniert

Mein Parteifreund Michael Fuchs – er ein bedeutender Bundespolitiker, ich ein kleiner Landbürgermeister – hat mir gestern im TTIP-Webinar geantwortet, für die Kommunen werde sich durch TTIP nichts ändern. Da seien nur „Ängste geschürt worden“.

Lieber Herr Abgeordneter Fuchs: Entweder sind Sie uninformiert, oder Sie schwadronieren.

Im offiziellen TTIP-Verhandlungsmandat für die europäische Delegation heißt es: „Die sich aus dem Abkommen ergebenden Pflichten werden auf allen staatlichen Ebenen bindend sein.“

Es sind zwar Ausnahmen vorgesehen, etwa für Wasser und Daseinsvorsorge, aber die sind ausdrücklich als „Ausnahmen“ gekennzeichnet und gelten nur für 20 Jahre.

Auf der Seite des DIHK, der ja nun wirklich unverdächtig ist, heißt es zu den TTIP-Essentials:

„Dienstleistungen: Beide Seiten sollten ihre Dienstleistungssektoren zumindest so weit öffnen, wie sie es im Rahmen anderer Handelsabkommen bereits getan haben. Gleichzeitig streben sie an, ihre Dienstleistungsmärkte in neuen Bereichen, etwa dem Verkehrswesen, zu öffnen.
Darüber hinaus möchte die EU sicherstellen, dass europäische Berufsqualifikationen jenseits des Atlantiks anerkannt werden können und dass Unternehmen aus der EU und ihre Tochtergesellschaften sich in den USA unter denselben Bedingungen betätigen können wie inländische
Unternehmen. In den Kapiteln Dienstleistungen und Investitionen des Abkommens sollte zudem der Bereich der öffentlichen Verwaltung unterhalb der Bundesebene angesprochen werden.“

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge arbeitet der DIHK darauf hin, bisherige Anforderungen in den europäischen Ausschreibungsverfahren aufzuheben, um “beträchtliche neue Geschäftsmöglichkeiten” für die Privatwirtschaft zu generieren.

Und so passt es, dass die europäischen Verhandlungsdelegationen unter anderem den Auftrag haben, Regeln zu setzen, die beiden Parteien “ans höchste Liberalisierungsniveau binden”, das bisher in anderen Abkommen erzielt wurde. Ziel ist es, im Wesentlichen “alle Sektoren und Dienstleistungsarten” zu erfassen und dabei neue Märkte zu erschließen, indem noch vorhandene seit langem bestehende Hemmnisse für den Marktzugang entweder “anzugehen” (deutscher Text) oder zu bekämpfen, zu attackieren (“tackling”).

In komplizierten Schachtelsätzen wird verklausuliert, dass man die kommunalen Vergabe-Bastionen knacken will.

“Das Abkommen wird höchst ambitioniert sein, und sein Geltungsbereich (Beschaffungsstellen, Bereiche, Schwellenwerte und Dienstleistungsaufträge einschließlich insbesondere öffentlicher Bauaufträge) wird nach Möglichkeit über das Ergebnis der Verhandlungen über das geänderte Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen hinausgehen. Mit dem Abkommen wird das Ziel verfolgt werden, einen verbesserten beiderseitigen Zugang zu den Beschaffungsmärkten auf allen Verwaltungsebenen (national, regional und lokal) und im Versorgungsbereich vorzusehen, wobei die einschlägigen Arbeiten der in diesem Bereich tätigen Unternehmen erfasst werden und eine Behandlung gewährleistet wird, die nicht weniger günstig ist als die den im eigenen Gebiet niedergelassenen Anbietern gewährte Behandlung.”

Es geht um “Inländerbehandlung”, “Meistbegünstigung”, “ungehinderten Transfer von Kapital und Zahlungen durch die Investoren”.

Meine Meinung:
TTIP wird kommen.
TTIP wird Standards verändern.
TTIP wird liberalisieren.
TTIP wird lokale Strukturen rasieren.

Und nach 20 Jahren, wenn die Schutzfristen auslaufen, werden all die Schutzzonen geschleift, die jetzt noch in die Verträge reingeschrieben werden.

Denn solche supranationalen Verträge sind für Jahrzehnte und länger gedacht und gemacht.