Armin König

Krieg und Frieden in unseren Tagen – zeitgemässes Gedenken 2010

Die Welt ist nicht friedlicher geworden, seit wir uns das letzte Mal zum Volkstrauertag getroffen haben. Selbstmordanschläge, Schusswechsel, Feuergefechte sind in Afghanistan und Irak noch immer an der Tagesordnung. Von anderen Konflikten auf der Welt erfahren wir in den Medien erst gar nichts. Allein in Afghanistan wird die Zahl der gefallenen westlichen Soldaten wird mit über 2.000 angegeben, die Zahl der Zivilisten liegt um ein Vielfaches höher, bei Wikileaks ist von 25.000 toten Zivilisten die Rede. Bisher sind am Hindukusch 44 Bundeswehrsoldaten und 3 Polizisten gefallen. Es ist richtig, dass dieser Einsatz mittlerweile als das bezeichnet wird, was er ist: ein Krieg. Verteidigungsminister zu Guttenberg hat in dieser Frage anders als seine Vorgänger klare Worte gefunden.

Wenn wir an diesem Volkstrauertag 2010 an die Opfer von Gewalt und Krieg denken, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker, dann gehören dazu zwingend die Opfer die Kriege unserer Zeit – der allseits erwähnten und der vergessenen Kriege.

Es ist aber auch ein Gedenktag, an dem wir an die Verbrechen erinnern, die in deutschem Namen im letzten Jahrhundert begangen wurden.
Es geht nicht um Trauer-Rituale. Trauern kann ohnehin jeder nur für sich allein. Das gilt vor allem für die Generation derjenigen, die direkt oder indirekt von den Folgen des 2. Weltkriegs betroffen waren – und das waren in diesem Land und in unserer Gemeinde viele Menschen. Aber die Zahl der Zeitgenossen und der Zeitzeugen wird kleiner. Die Zeugen sind alt geworden. Das ist aber kein Grund, dass wir allmählich zur Tagesordnung übergehen und vergessen was war. Das dürfen wir niemals vergessen.

Hans-Ulrich Jörges hat in einer der letzten Ausgaben des Magazins Stern anstelle seines Leitartikels Leserbriefe und Emails von Rechtsradikalen abgedruckt, die uns nur entsetzen können. Deshalb bist es notwendig, nicht zu vergessen, deshalb ist es notwendig, kontra zu geben, deshalb ist es notwendig, auch weiter an den schlimmsten Krieg des letzten Jahrhunderts zu erinnern, weil es ein Teil unserer Geschichte ist.

Aber es gibt auch Hoffnung. Dass die Großmächte gemeinsam die globale Wirtschafts- und Finanzkrise bewältigt haben, dass die Nato jetzt Russland in die Sicherheitsarchitektur ihrer Strategie einbinden will, dass die Schwellenländern beim Internationalen Währungsfonds stärkeres Gewicht erhalten – all dies sind beachtliche Fortschritte, die uns Mut machen, dass Diplomatie und Verständigung doch etwas bewirken.
Aber es geht nicht nur um die großen Schritte, sondern auch um die kleinen, die wir selbst gehen können. Dass heute Deutsche und Franzosen gemeinsam diesen Gedenktag begehen, ist ein Teil dieser Verständigung. Dass wir mit Verzy und Civray und Woustviller ebenso eng befreundet sind wie mit den ungarischen Freunden in Bük und den polnischen Freunden in Tuchow ist eigentlich eine kleine Sensation, wenn man bedenkt, wie sich bis 1989 Nato und Warschauer Pakt mit waffenstarrenden Systemen gegenüberstanden. Das ist gerade mal 21 Jahre her.

Es gibt auch lokal gute Ansätze. So haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele junge Menschen aus unserer Gemeinde an internationalen Begegnungen des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge teilgenommen. Dadurch sind Freundschaften mit jungen Menschen in Frankreich, Österreich, Italien und Polen entstanden. Und auch die Pfadfinder setzen sich immer wieder für Frieden, Völkerverständigung und gute Taten ein.

Mindestens ebenso faszinierend sind die Aktivitäten der Aktion Palca, die in diesen Tagen wieder mit dem Impression Musicale das große Benefiz-Festival für Menschen in Afrika und Südamerika veranstaltet. Ich finde nicht nur den humanitären Ansatz der Aktion Palca faszinierend, sondern ebenso die Art und Weise, wie diese Initiative über drei Jahrzehnte immer neue Ideen entwickelt und diese auch konsequent umsetzt.
Die Liste der Projekte ist lang und bedeutend: Schulbauten, Krankenstationen, zwei Frauenhäuser – es ist faszinierend zu sehen, was sich aus einem Kuchenverkauf der Aktion Patenschule 1975 entwickelt hat. Hier wird die Idee der „Verantwortung in der einen Welt“ gelebt.

Sie sehen: Wir sind auch als kleine Gemeinde in dieser großen Welt in der Lage, konkret zu helfen, wie es Johannes Paul der Zweite gefordert hat. Der Friedenspapst schrieb: „Es gehört zu den Grundvoraussetzungen, dass „jedes menschliche Wesen eine Würde besitzt, die niemals, wenn auch die Person jeweils in einem konkreten sozialen und geschichtlichen Kontext lebt, herabgesetzt, verletzt oder zerstört werden darf, sondern die im Gegenteil geachtet und geschützt werden muss, falls man wirklich den Frieden aufbauen will.“

Das Engagement junger Menschen macht Hoffnung, Hoffnung auf eine bessere, friedlichere Welt, in der es nicht mehr allein um Geld und Konsum geht, sondern auch um Werte und Mitmenschlichkeit.

In diesem Sinne hoffe ich, dass der Volkstrauertag auch ein Gefühl von Hoffnung vermittelt.
Wir sind selbst dafür verantwortlich. Jeder einzelne.
Dazu rufe ich Sie alle, UNS alle auf.