Armin König

Manager beim Worten nehmen: Ökologischen Umbau ermöglichen

Ihre machtpolitische Anzeige, getarnt als „Energiepolitischer Appell“, ist eigentlich eine Provokation, ihr Ansinnen schlicht inakzeptabel: Zahlreiche Manager deutscher Konzerne (Dax und anderes Top-Unternehmen), ein Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesminister, ein amtierender Bahnchef, BDI-Größen, ein Ex-Bundestags-Fraktionschef, ein Herr mit Zweitnamen Adenauer und ein Fußball-Manager stellen den Primat der Politik in Frage und wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesregierung in die Knie zwingen. Ach ja: Ein einst so penibler Verfassungspolitiker wie Dr. h.c. Otto Schily gehört auch zum illustren Männerkreis. Über der ganzseitigen Anzeige, die vom Bundesverband der Deutschen Industrie initiiert wurde, steht sarkastischerweise: „Mut und Realismus für Deutschlands Energiezukunft.“ Man kann sich darüber empören, wie viele Medien und viele Bürger in diesem Land dies getan haben – übrigens auch in den Reihen der CDU, werte Herren Merz, Dr. Lauk, Dr. Fuchs -, man kann den Spieß aber auch umdrehen.

Ja, werte Manager, wir nehmen Sie beim Wort. Seien Sie mutig. Beweisen Sie Verantwortung: Corporate Social Responsibility (CSR). Und Corporate Ecological Responsibility.

Sie schreiben: „Herausforderungen annehmen: Die Zukunft gehört den Erneuerbaren“. Recht haben Sie. Also machen Sie dies zu Ihrer Strategie. Sie schreiben: „Die ökologische Ausrichtung unserer Energieversorgung ist richtig“. Und sie erläutern dies auch: „CO2-freien-Energien gehört die Zukunft“. Wir finden es prima, dass Sie dies erkannt haben. Seien Sie konsequent: Verzichten Sie so schnell wie möglich auf Braunkohlestinker und Atomstrahler und ähnliche Umweltbelaster. Setzen Sie auf erneuerbare Energien, auf Solar- und Windenergie beispielsweise, auf intelligente, dezentrale Lösungen, damit wir auch bei wachsender Konkurrenz „weltweit ein Vorreiter im Klimaschutz und in der Energieeffizienz“ bleiben. Warum wollen Sie weiter auf Alt-Energien setzen, wenn den neuen Energien die Zukunft gehört. Oder ist die Eisenbahn, werter Herr Grube, als die E-Loks in Großserie eingesetzt werden konnten, weiterhin mit bewährtem Dampf gefahren? Auch die Autoindustrie konnte nach Einführung des Kats nicht nicht jahrzehntelang die Alttechnologie der Verbleiung weiterverwenden, stimmts, Herr Wissmann?

Sie haben Recht, werte Manager – Sie sollten Investitionen in erneuerbare Energien „nicht blockieren“. Stattdessen sollten Sie „Weichen stellen“ für „eine starke Infrastruktur“. Dafür brauchen wir Brennelemente-Steuern und ökologische Steuerungsinstrumente. Das gehört zur Corporate Social Responsibility der Industrie gegenüber einer Gesellschaft, die der Industrie über Jahrzehnte glänzende Geschäfte ermöglicht hat – nicht zuletzt dadurch, dass die Energiekonzerne seit den fünfziger Jahren 165 Milliarden Euro an Subventionen erhalten haben. Trifft doch zu, Herr Dr. Großmann, Herr Hatakka, Herr Villis, Herr Teyssen?!

Sie sollten der Bundesregierung und den Menschen dieses Landes dankbar dafür sein.

Irgendwann werden auch Sie es verstehen. Sie sind doch alle Schlaumeier, meine Herren Professoren, Doktoren, Honoratioren.

By the way: Frauen haben diese Anzeige nicht unterschrieben.

Nur Machtmännchen – pardon: Machtmenschen.

Meine Herren: Schluss mit Macho-Muskelspielen gegen die Kanzlerin. Brav sein.
Ökologisch. Natürlich.

Dann zeigten Sie wahren Größe. Herren-Größe.
Ackermann, geh du voran. Wie sonst auch.

P.S.: Die Süddeutsche Zeitung („Frau Merkel, bitte zum Diktat!“, 23.8.2010) zitiert den alten, grünen Schily mit den Worten: „Das Gerede von vermeintlichen Sachzwängen, die dem Ausstieg aus der Atomenergie entgegenstehen, erweist sich als bloßes Unvermögen zum energiepolitischen Umdenken.“ Der alte, moderne Schily hat’s 1986 gesagt. Der neue Dr. h.c. Schily von 2010 ist dagegen uralt, gefangen in altindustriellen Denkmustern. Umdenken oder abtreten, Männer. Ihr Appell taugt nichts.