Armin König

Passion in Illingen – und das Judas-Buch von Amos Oz

Heute nachmittag habe ich wie jedes Jahr die Passion in der Karfreitagsliturgie in St. Stephan gehört. Und obwohl es ein Ritual ist, ist der Text doch immer wieder bewegend. Eigentlich ist er sehr schonungslos, geht an die Schmerzgrenze. Diesmal habe ich ihn sehr bewusst und sehr stark auf mich wirken lassen, da ich gerade das neue Buch von Amos Oz lese: Judas.

Nach der Passion habe ich das passende Kapitel zur Kreuzigung bei Amos Oz gelesen.

Eine ganz andere Interpretation – aber sehr schlüssig.  Und mit einem völlig anderen Blickwinkel auf Judas. Auch dieser Text ist sehr bewegend.

Es ist eines der beten Bücher, die ich im letzten Jahr gelesen habe. Die Übersetzung von Mirjam Pressler ist exzellent. Pressler ist dafür völlig zu Recht mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden.

Zum Roman in aller Kürze:

Ich bin völlig verblüfft von diesem Roman. Für mich, der ich Israel schon einmal 3 Wochen erlebt habe, war es ein Lesegenuss.
Was Amos Oz schreibt, ist hintergründig,  melancholisch, politisch, kritisch, amourös. Und auch spannend in Sachen Religion: Jesus und Judas.

Seine Okay,  manchmal ist das Buch auch ein bisschen sperrig, wenn es um historische Reminiszenzen zum Judas-Bild geht, aber dank schneller Schnitte und kurzer Kapitel wird es anschließend sehr schnell wieder leichthändig.

Die politischen Botschaften des Friedensfreundes Amos Oz sind eindeutig. Mit den Falken hat er nichts am Hut.

»Oz führt auf virtuose Weise Weltpolitik mit Religionsgeschichte zusammen und stellt so auch das Schicksal Europas in einen erhellenden Zusammenhang.«, schreibt Katharina Teutsch in der Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Und Hannes Stein findet:  » … Amos Oz ist mit Judas ein reifes Meisterwerk gelungen – ein Roman voller Weisheit und melancholischem Humor, mit runden, glaubhaften Figuren, die einem beim Lesen immer mehr ans Herz wachsen; ein Buch, in dem man wohnen will.«
» … ein leuchtender Roman. Reich in vielerlei Hinsicht. Melancholisch und auch komisch, anregend und anrührend. Und geschmeidig ins Deutsche übertragen von Mirjam Pressler.«
Martin Oehlen, Frankfurter Rundschau