Wie die Landesregierung 2016 in einer offiziellen Anfrage versuchte, dem Grünen-Abgeordneten Ulrich zu erklären, dass die PCB-Belastung saarländischer Gewässer völlig unkritisch sei. Ein Lehrstück.
Am 29.5.2015 fragte der damalige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Hubert Ulrich, die Landesregierung:
4. Gibt es Grenzwerte für die PCB-Belastung des Grubenwassers? Wenn ja, welche?
5. Wenn nein, gibt es Orientierungswerte für die PCB-Belastung des Grubenwassers, die zur Bewertung herangezogen werden könnten?
6. Wie beurteilt die Landesregierung die vorliegenden Ergebnisse zur PCB-Belastung des Grubenwassers mit Blick auf bestehende Grenzwerte bzw. mögliche Orientie- rungswerte?
Für die Antwort auf diese Anfrage benötigte die Landesregierung 11 Monate (28.4.2016). In der Antwort heißt es:
4. Gibt es Grenzwerte für die PCB-Belastung des Grubenwassers? Wenn ja, welche?
Antwort zu 4:) Nein.
5. Wenn nein, gibt es Orientierungswerte für die PCB-Belastung des Grubenwassers, die zur Bewertung herangezogen werden könnten?
Antwort zu 5) Ja, es werden die Umweltqualitätsnormen (UQN) für Oberflächengewässer, festgeschrieben in der Oberflächengewässerverordnung vom 20. Juli 2011 (BGBl. I S. 1429), zur Bewertung herangezogen.
6. Wie beurteilt die Landesregierung die vorliegenden Ergebnisse zur PCB-Belastung des Grubenwassers mit Blick auf bestehende Grenzwerte bzw. mögliche Orientierungswerte?
Antwort zu 6):
Bezogen auf die Wasserqualität ist die PCB-Belastung der saarländischen Gewässer unkritisch. Für den Verzehr von Fischen aus saarländischen Gewässern ist auf die Verzehrempfehlung des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zu verweisen. Für Gewässer, die mit PCB oberhalb der Umweltqualitätsnorm belastet sind, wurden bereits Maßnahmen zur Senkung der PCB-Belastung unter die UQN im Bewirtschaftungsplan festgehalten und sind bis 2021 umzusetzen.
Lediglich an der Rossel haben sich in den letzten Jahren wieder Überschreitungen ergeben (bei 3 Kongeneren), deren Herkunft noch zu eruieren ist. Dies wird ab 2016 im Rahmen eines Sondermessprogramms erfolgen. Frankreich ist informiert, da die Belastung auch von dort kommen kann.
DER ENTSCHEIDENDE SATZ LAUTET:
BEZOGEN AUF DIE WASSERQUALITÄT IST DIE PCB-BELASTUNG DER SAARLÄNDISCHEN GEWÄSSER UNKRITISCH.
Das entsprach und entspricht nicht den Tatsachen.
Im Bewirtschaftungsprogramm Saarland (Stand Dezember 2015) der saarländischen Umweltbehörden zur Wasserrahmenrichtlinie heißt es dagegen:
„Im Saarland gibt es im Zusammenhang mit Bergbau, Kohle- und Stahlindustrie auch nach dem Anwendungsverbot eine besondere Belastungssituation bei PCB. Diese betrifft sowohl die Schwebstoffe als auch die Biota. Um die Schwerpunkte zu identifizieren wurden in der Vergangenheit Sondermessprogramme aufgelegt. An Fischbach und Sinnerbach konnte als Hauptquelle der Belastung der Bergbau identifiziert werden.
An den anderen Belastungsschwerpunkten wie Rossel und Saar/Fremersdorf geht der größere Anteil in der Regel auf die langjährig erfolgten Belastungen der Flusssedimente zurück.
Über ein weiteres Sondermessprogramm und eine gezielte Altlastenrecherche sollen im Sinne eines ermittelnden Monitorings die Ursachen der PCB-Belastung von Saar und Rossel ermittelt werden.
Zur Gesamtproblematik PCB und Bergbau im Saarland wird in Kürze ein Hinrergrundpapier veröffentlicht.
In Tabelle 4-8 sind alle Oberflächenwasserkörper aufgelistet, in denen die Umweltqualitätsnorm der PCB gemessen in Schwebstoffen überschritten ist.
I Saar – PCB
II-3.4 Sinnerbach – PCB
III-4.2 Fischbach – PCB
III-5-1 Köllerbach – PCB
IV-1.1 Rossel – PCB“
Anmerkung Armin König:
Neue Untersuchungen bestätigen, dass keine Verbesserungen eingetreten sind. Davon, dass „bezogen auf die Wasserqualität die PCB-Belastung der saarländischen Gewässer unkritisch“ sei, kann also keine Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall. PCB ist ein gewaltiges Problem.
Hier hat der Abgeordnete Ulrich eine Antwort erhalten, die nicht den Fakten entsprach und entspricht.
Aufschlussreich auch die Antwort zu PCB in Fischen:
„Eine gewisse Belastung ist bei fettreichen Fischarten zu verzeichnen, die aus dem Abschnitt der Saar unterhalb der Staustufe Güdingen entnommen werden“.
Dort gilt auch eine (Nicht-)Verzehrempfehlung:
„Unabhängig vom Alter des Fisches sollten fettreiche Fischarten wie Aal, Barbe, Brasse und Döbel nicht verzehrt werden. Auch vom Verzehr des Welses wird abgeraten, da die untersuchten Welse mit Haut stets oberhalb, ohne Haut knapp unterhalb des WHO-TEQ-Wertes von 8 Piktogramm (pg) pro Gramm Frischgewicht lagen. …
Die Grenzwertüberschreitungen traten insbesondere bei den Arten Brasse, Wels und Döbel auf.“
Alles unkritisch in den Saar-Gewässern?
Fische sind Bio-Indikatoren und werden auch als solche für die WRRL eingesetzt.