Armin König

Familienfeindliche Kampagne oder: Die Dreckspatz-Initiative der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Nein, zimperlich waren sie noch nie, die Lobbyisten der so genannten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die Ludwig Erhards Ideen der Sozialen Marktwirtschaft bis zur Unkenntlichkeit pervertiert und zu einer neoliberalen Marktideologie umfunktionieren will. Die Vorkämpfer  der INSM / Gesamtmetallarbeitgeber verdrehen Begriffe, sie suggerieren Objektivität und verkaufen doch nur simplizistische Gewinnoptimierungsideologien, bei denen es darum geht, das Vermögen in Deutschland noch stärker umzuverteilen. Es muss eine andere Gesellschaft sein, in der diese vermeintlichen Eliten leben: Sie klingen wie selbstgerechte Zyniker. Entsetzt bin ich allerdings über ihr Schmalspur-Weltbild. Auffällig ist die Selbstüberschätzung dieser vermeintlich elitären Ökonomen.

Zur Gruppe der Zyniker zählt anscheinend auch Hubertus Pellengahr. Er war mal Sprachrohr des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels. Jetzt sprachröhrt er eben als INSM-Geschäftsführer für den Ableger von Gesamtmetall. Und wie es sprachröhrte, als er seine jüngste Meldung verkaufte! Es war ein schmutziges Röhren wie bei billig getunten, lärmenden Motoren drittklassiger Rennserien. Aber noch hässlicher röhrte es bei Bernd Raffelhüschen. Es  ist schon ziemlich dirty, was der saubere Herr Professor Raffelhüschen derzeit zu bieten hat.

Lassen wir die Tageszeitung DIE WELT berichten: „Wirtschaftsexperten haben das Ende der kostenlosen Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung gefordert. Es sei „grob ungerecht“, Familien mit einem Verdiener gegenüber Doppelverdienerfamilien zu begünstigen, sagte Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), am Mittwoch in Berlin.“

Doch es kommt noch viel schlimmer. „Die kostenlose Mitversicherung der rund fünf Millionen Hausfrauen und -männer in Deutschland sei „nichts anderes als eine Herdprämie“, sagte Pellengahr. Er schlug vor, sie mit einer Pauschale von etwa 126 Euro monatlich an den Krankenkassenbeiträgen zu beteiligen.“

Das also ist des Pudels Kern: Es geht ums Geld und um Umverteilung. Damit entpuppt sich die „Aktion Herdprämie“ als Lobbyisten-Schmutzkampagne, die direkt ins Herz der Familienpartei CDU zielt. Die INSM nimmt die Provokation in Kauf. Wenn es um Umverteilung und die Generierung frischer Gelder für Versicherungskassen geht, waren die Ableger der Metallarbeitgeber und die Lobbyisten der Versicherungswirtschaft noch nie zimperlich. Es klingt schon arg schmutzig, wenn Raffelhüschen, dieser Lobbyist der privaten Versicherungswirtschaft, die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berufsausbildung als „Schmutzelemente“ der Sozialversicherungssysteme bezeichnet.

Das Ziel ist erkennbar: Die schwächelnden privaten Versicherungen suchen anscheinend nach Möglichkeiten, die gesetzliche Rentenversicherung uninteressanter zu machen, die Alleinverdiener-Familien massiv zu belasten und so (unausgesprochen) kinderlosen Doppelverdienern in der Etage der Topverdiener eine Beitragsentlastung um bis zu 1,5 Prozent zu gewähren.

Ich will mich beiden röhrenden Hirschen kurz widmen. Zunächst dem Namensvetter des heiligen Hubertus, der die Jagd auf die Mitversicherung eröffnet hat. Mein lieber Hubertus Pellengahr: Grob ungerecht ist das, was Sie da bei ihrer Schrotschussmethode von sich geben. Und unvernünftig obendrein, weil Sie demographiepolitisch den Ast absägen, auf dem Sie sitzen. Waidmannsheil!

Und nun zu Bernd Raffelhüschen: Wer Kindererziehungszeiten als „Schmutzelemente“ bezeichnet, ist als objektiver „Rentenexperte“ nicht mehr tragbar. Mit Wissenschaft hat dies nichts zu tun. Ich nenne es blanke Demagogie.

Natürlich wundern wir uns nicht, dass der Herr Professor im Aufsichtsrat der mittlerweile für ihre Methoden sattsam bekannten Ergo-Versicherungsgruppe sitzt, die sich zuletzt mit einer ganzseitigen „Entschuldigungsanzeige“ blamiert hat (siehe SZ).

Was wir nicht so genau wussten, war die Tatsache, was es mit dem „Forschungszentrum Generationenverträge“ (FGZ) auf sich hat, dessen Direktor Raffelhüschen ist. Mit Interesse lesen wir allerdings die Liste der „ausgewählten Partner“ des FGZ – ein paar kirchliche, amtliche und soziale Feigenblätter sind dabei, doch ansonsten beherrscht viel Versicherungswirtschaft die Szenerie. Nach der Lektüre erübrigt sich jeder weitere Kommentar:

„Ausgewählte Partner des FZG:

  • Allianz Lebensversicherungs-AG
  • Allianz Private Krankenversicherungs-AG
  • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO)
  • Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV)
  • Arthur D. Little (ADL)
  • Augustinum gGmbH
  • Bausparkasse Schwäbisch-Hall AG
  • BDO Deutsche Warentreuhand AG
  • BKK Fahr
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG)
  • Deutsche Krankenversicherung AG (DKV)
  • Deutscher Orthopäden-Verband e.V. (DOV)
  • Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (DIA)
  • ERGO Versicherungsgruppe AG
  • Europäische Kommission
  • Europäische Zentralbank (EZB)
  • Finanzministerium Norwegen
  • Finanzwissenschaftliches Institut des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg e.V.
  • Fraport AG
  • Freie Demokratische Partei (FDP)
  • Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.(GDV)
  • Hamburg-Mannheimer Lebensversicherungs-AG
  • HDI-Gerling Pensionsmanagement
  • IDEAL Lebensversicherung a.G.
  • Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD)
  • Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
  • Katholische Kirche Deutschland
  • Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW
  • MLP AG
  • Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG
  • neue leben Lebensversicherung AG
  • Pax Versicherungsdienst GmbH
  • Pfizer Pharma GmbH
  • Rauser Towers Perrin
  • Regierung des Fürstentums Liechtenstein
  • Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick-lung
  • SICK AG
  • Sozialministerium Hessen
  • Stiftung Marktwirtschaft
  • Süddeutsche Krankenversicherung a.G.
  • Techniker Krankenkasse
  • Towers Perrin Tillinghast
  • Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller e.V.
  • Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV)
  • Victoria Lebensversicherung AG
  • Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherung AG
  • Wirtschaftsrat der CDU
  • Wirtschaftsministerium Schweiz (SECO)“

Mit gefällt am besten die Regierung des Fürstentums Liechtenstein.

Im übrigen kommentiere ich eine Initiative, die Familienleistungen als „Schmutzelemente“ bezeichnet, als „Dreckspatz-Initiative“.

Auf die können wir gern verzichten.