Armin König

Sind wir so naiv, wenn es um China geht – Zur aktuellen Debatte

Sind wir so naiv oder tun wir nur so, wenn es um China geht? Sind wir in Deutschland, in Europa strategisch unterbelichtet? Erkennen wir nicht die Gefahren für den Weltfrieden, die in Südostasien drohen? Macht Europa denselben Fehler wie bei Putin? Werden Annexionsdrohungen gegenüber Taiwan geflissentlich übersehen, weil China ein Riesenmarkt für deutsche Firmen ist? Frisst Gier Hirn? Übersieht die Politik wesentliche Fakten, die zeigen, wie China zur unumstrittenen Weltmacht Nummer eins werden will? Hat niemand Xi Jinpings programmatische Aussagen gelesen? Vernachlässigt man in Europa die ideologischen -Festlegungen der chinesischen KP, weil Chinas Kapital-Investitionen im Westen und in Afrika mittlerweile so groß sind, dass jede Störung auch das internationale Bank- und Finanzwesen gefährden würde? Hat nur die Wirtschaft das Sagen, wenn es um China geht? Darf auch über Menschenrechte, Unterdrückung, totale Kontrolle, Umerziehungslager, militärische Drohungen gesprochen und geschrieben werden? Oder sind all diese Fragen nur polemischer Natur, um China zu diskreditieren? Haben wir es an dieser Stelle mit einer manipulativ gelenkten und von Interessen geleiteten Debatte zu tun? Oder ist vielmehr die bisher vielfach praktizierte Ausblendung machtpolitischer und hegemonialer Aspekte manipulativ gewesen – im Interesse der Volksrepublik China? Je tiefer man in die Materie einsteigt, umso ambivalenter wird die Sichtweise. Die Literatur über China und sein Handeln als internationaler Player wächst seit Beginn der Belt&Road-Initiative (Neue Seidenstraßen, OBOR, BRI) rasant. Warum also ein weiteres Buch zu diesem Thema? Weil wesentliche Aspekte in der Debatte bisher zu kurz kamen. Und weil es spannend ist, den Aufstieg einer Weltmacht zu Beginn der dritten Dekade des 21. Jahrhunderts zu verfolgen und zu erklären, was Chinas Aufstieg zur Weltmacht für uns bedeutet. Für uns Europäer, für uns Deutsche, für uns persönlich. Es ist ein extrem spannendes Thema.

China will Weltmacht Nummer eins werden, und der Westen glaubt, mit Handel auch Wandel herbeizuführen, obwohl dies schon in der Russlandpolitik krachend gescheitert ist.

Man hatte mir die Frage gestellt, ob China eine neue Weltordnung plant – und ob dies abseits gegenwärtiger Strukturen erfolgt und wenn ja: Mit welchen Mitteln? Und ob ich darüber einen Vortrag halten könne. Das war die Initialzündung für dieses Buch. Denn der Vortrag konnte nur einen winzigen Bruchteil

Auch andere wichtige Fragen wären zu stellen:

Hat bereits ein Kampf um eine neue Weltordnung abseits gegenwärtiger Strukturen begonnen? Oder nutzt China eher die bestehenden Strukturen, um dort umso deutlicher seinen Machtanspruch deutlich zu machen? Setzt Xi Jingping sowohl in den gegenwärtigen Strukturen als auch in neuen Konstellationen auf Macht und Einfluss und Druck?

Wer sind die Protagonisten dieses weltpolitischen Dramas? Auf welchen Feldern finden diese Kämpfe statt? Seit wann? Sind wir nicht schon längst in einem Kampf der Systeme? Wie können wir diesen Kampf beschreiben?

Wer zieht die Strippen in China? Ist Xi Jinping der gefährlichste oder der mächtigste Mann der Welt? Welche Ideologie steckt hinter seiner Politik, welche Ideen und Utopien hat er? Wie setzt er sie um?

Welche Rolle spielen die Neuen Seidenstraßen? Um welche Monopole geht es? Beherrscht China damit die Handelswelt?

Was bedeutet dies für Europa, für Deutschland, für Taiwan, Korea, Japan, für Afrika?

Für den Weltfrieden?

Es sind viele Fragen, und es sind existenzielle Fragen, über die in diesem Zusammenhang zu reden ist. Deshalb ist die Nonchalance insbesondere der deutschen Wirtschaft gegenüber problematischen Entwicklungen im deutsch-chinesischen Verhältnis verblüffend. Die Medien hatten das Thema kurz entdeckt, es auf typische Art aber auch schnell wieder abgehakt.

Wir werden nicht auf all diese Fragen Antworten finden. Aber wir müssen schon beginnen mit der Aufarbeitung und der Entwicklung von Zukunftsstrategien.

Armin König