Was für ein trostloser Staat diese DDR doch war! Erst nach der Lektüre von Eugen Ruges Familienromans „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ ist mir die ganze Jämmerlichkeit dieser sozialistischen Missgeburt richtig bewusst geworden. Gewiss: Ich hatte Reiner Kunze gelesen, Irmtraud Morgner, Christoph Hein, Wolf Biermann, die Werke der doppelgesichtigen Christa Wolf, Günter Kunerts Gedichte, ich war Fan von Ulrich Plenzdorf, verschlang Monika Maron, genoss Thomas Brussig und habe zuletzt in Uwe Tellkamps großartigen Turm gestöbert.
Ich habe die Schikanen der DDR-Grenzer erlebt, war geschockt angesichts des Todesstreifens – und trotzdem habe ich nie zuvor so glasklar gesehen, wie dieser erbärmliche Staat mit seinen Spitzeln, Intriganten, seinen miefig-piefigen Funktionären, seinen tristen grau-blauen Farben, seinen Plastikautos, seinen Schnüfflern und Zensoren wirklich war – bis ich Eugen Ruge las.
Dabei wollte ich den Roman nach 30 Seiten schon weglegen: Kein großer Wurf, dachte ich. Die Sprache ist zu einfach für den Deutschen Buchpreis, der Aufbau nicht minder. Und doch habe ich mich irgendwann festgelesen.
Nein, an die Buddenbrooks kann dieser Roman nicht tippen. Und Uwe Tellkamp schreibt ziselierter, feiner, eleganter. Brussig ist witziger, pfiffiger. Und doch ist dieser Ruge-Roman ein Ereignis. Man muss ihn nicht mögen. Aber man sollte ihn lesen. Weil er uns die Augen öffnet. Diese Krankengeschichten voller Verfall sind auch eine Krankengeschichte der DDR und des Sozialismus.
Und dieser Sozialismus soll für uns Vorbild sein? Mit seinen verlogenen Anwälten, seinen Stasi-Zuträgern und Altkommunisten? Für diese Ideologie schwärmen die Linken von Neuem? Die Wagenknechts und Gysis? Die Lafontaines und ihre Mitläuferinnen und Mitläufer? Gott bewahre uns vor dieser trostlosen Ideologie und ihren Politikern!