Armin König

Wenn das Betongeld wackelt – zur Krise der offenen Immobilienfonds

Die Meldung des Tages steht in der Saarbrücker Zeitung erst auf Seite 6: „Das Betongeld wackelt – Immobilienfonds Degi Europa wird aufgelöst – Rund 90.000 Anleger bangen um ihr Geld.“ Während auf Seite 1 der Zweispalter „Männer kennen ihr Auto besser als ihren Körper“ wegen seiner besonderen Wichtigkeit prominent platziert wurde, findet sich die Krise der offenen Immobilienfonds auf einer Seite, die viele Leser gar nicht erst aufschlagen, seit der Aktienboom in Deutschland vorbei ist. Über den Börsenkursen prangt der Fünfspalter, immerhin gut aufgemacht.

Es ist ja nicht die erste Meldung dieser Art.

Nach einer Übersicht des Bundesverbands BVI, so die Saarbrücker Zeitung, war Ende August rund ein Dutzend offene Immobilienfonds in Deutschland eingefroren, die zusammen knapp 25 Milliarden Euro vor allem für Privatanleger verwalten. Sparkassen und Volksbanken haben auch im Saarland bis in die jüngste Vergangenheit die Immobilienfonds als vermeintlich sichere Alternative mit zwar bescheidenen, aber sicheren Renditen angepriesen. Ich habe es selbst erlebt, aber danken abgewunken. Fast 90 Milliarden deutscher Anlegergelder lagern in diesem Segment.

Und immer noch tun die deutschen Geldhäuser, die Banken, Versicherung udn die Politik so, als gäbe es weder ein Büroleerstandsproblem noch demographische Schrumpfung, weder Verdrängung noch Sanierungsstau.

Man muss nur mit offenen Augen durch die Städte gehen und sich die Renditeobjekte der 1960er, 70er und 80er Jahre anschauen, um auf den ersten Blick zu erkennen, wie abgewirtschaftet viele dieser Betonburgen sind. Während Büroraum im Überfluss vorhanden ist, weil Filialen geschlossen und Organisationen gestrafft werden, wird immer noch Fläche produziert, die dann an Fonds verkauft wird, die frischen Stoff brauchen, während die Altobjekte verlottern. Saarbrücken ist ein Musterbeispiel.

Bei den Handelsimmobilien sieht es nicht besser aus. Gigantische Neubauten produzieren Leerstände als etablierten Altstandorten und sorgen damit für Wertverluste in Quartieren, die an Attraktivität verlieren. Das neue ECE-Europa-Center lässt grüßen.

Ich will keine Panik machen. Ich will nur – als Demographie-erfahrener Praktiker – auf die Risiken hinweisen, die in Bilanzen und Depots schlummern.

Am 27.September schrieb die Financial Times Deutschland (FTD): „Die Krise bei den offenen Immobilienfonds weitet sich erneut aus. Allianz Global Investors, Tochter des Allianz-Konzerns, muss nach einem Milliardenabfluss einen Dachfonds schließen. Der Schritt wirft einen langen Schatten.“

Ich weiß nicht, ob die Sparer das so akzeptiert hätten, wenn man ihnen zu Beginn ihrer Anlage gesagt hätte: Aus eurem Degi Europa kommt ihr nicht mehr so ohne Weiteres raus. Vermutlich erleidet ihr Verluste. Jetzt schreibt dpa, der Fonds werde aufgelöst. „Die Anleger sollen nun halbjährlich Geld bekommen, die erste größere Tranche voraussichtlich im Januar 2011. Über den gesamten Zeitraum von 1972 bis Ende September 2010 erzielte der Degi Eruopa eine jährliche Rendite von durchschnittlich 51 Prozent, musste zuletzt aber massive Verlsute verkraften. Für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr wurde eine Wertentwickung von minus 23,7 Prozent ausgewiesen.“ Na toll.

Ich meine das jetzt nicht wirtschaftspolitisch, eher satirisch (man muss das aus rechtlichen Gründen ja mit dem Holzhammer ankündigen): Es hat schon eine ganz eigene Wirkung, wenn auf der gegenüberliegendne Seite eine Anzeige der Teppich-Oase prangt. Motto: „Total-Ausverkauf wegen endgültiger Geschäftsaufgabe. Jeder Preis wird akzeptiert.“ „Gnadenlos.“ Und am Fuß: „Solange Vorrat reicht. Für jedes Exponat wird ein Wertgutachten erstellt.“

Deutschland im Oktober 2010. Alles wird gut. „Wirtschaft jubelt, Arbeitslosigkeit sinkt.“ Da freuen wir uns drauf. Wirklich.

Und so „schrauben wir die Erwartungen mal weiter nach oben“ – wissend allerdings, dass auf den Wolkenkratzern die Luft sehr dünn werden kann.

Alles wird gut, sagt mein Auto, während mein Auge nervös zuckt. Als Mann vertraue ich meinem Auto. Denn „Männer kennen ihr Auto besser als ihren Körper“. Die vegetativen Dystonien spülen wir mit einem Feierabendpils weg.

Schönes Wochenende.