Armin König

Demokratie verteidigen – eine kollektive Aufgabe gegen Geichgültigkeit und Populismus

Schlangen, Neue Rechte, AfD, trojanische Pferde, ein nackter Laokoon, Biedermann und die Brandstifter und die Notwendigkeit der Aufklärung in schwierigen Zeiten

Abstract

In den letzten Jahren hat die Verführung des Volkes durch rechtsextreme Populisten deutlich zugenommen. Menschen lassen sich angesichts einer Polykrise in Deutschland und Europa auch leichter verführen. Populisten bedienen sich der List, vermeintliche Eliten zu beschimpfen und sich selbst als „Volkes Meinung“ zu inszenieren, was war unsinnig und verlogen ist, aber doch Wirkung erzielt hat. Das bedroht unsere Demokratie. Gefährliche Schlangenbeschwörer gewinnen an Einfluss, untergraben demokratische Werte und fördern die Spaltung der Gesellschaft. Diese Entwicklung erfordert gesellschaftliche Antworten: Wachsamkeit, aktives Engagement und die Verteidigung unserer demokratischen Institutionen sind unerlässlich, um die Freiheit und den sozialen Zusammenhalt zu bewahren und den Herausforderungen der Zeit standzuhalten.

Einleitung

In einer Zeit, in der die demokratische Ordnung zunehmend durch rechtsextreme Strömungen herausgefordert wird, ist die Dringlichkeit, mit der wir als Gesellschaft reagieren müssen, größer denn je. Die Verführung von Bürgern durch populistische Rhetorik, die Ausnutzung gesellschaftlicher Ängste und die Verbreitung von Desinformation über Soziale Medien kennzeichnen eine Tendenz, in der falsche Schlangenbeschwörer zu einer ernsthaften Bedrohung für die Grundwerte unserer Gesellschaft geworden sind. Diese Entwicklung ist alarmierend und erfordert eine entschlossene Antwort von jedem Einzelnen von uns.

Leider haben Populisten erhebliche Zuwächse zu verzeichnen, ohne dass sie Lösungen anzubieten hätten. Das ist auch gar nicht in deren Interesse. Sie wollen die politische Landschaft mit ihren Spaltungsversuchen und dem Schüren von Xenophobie und Intoleranz drastisch verändern. Umso wichtiger ist es, die wachsam und engagiert für die Bewahrung unserer demokratischen Werte und Institutionen zu kämpfen.

Die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, sind nicht trivial. Niemand sollte sich von falschen Versprechen und vergifteten Narrativen verführen lassen, die darauf abzielen, zu spalten und unsere gemeinsamen demokratischen Werte zu untergraben. Es steht viel auf dem Spiel. Es geht um Freizügigkeit, Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Menschenrechte.

Kollektive Aufgabe

Die Aufgabe, unsere Demokratie zu verteidigen, ist eine kollektive Anstrengung. Jeder und jede Einzelne ist gefragt, einen Beitrag zu leisten. Sich informieren, kritisch bleiben und sich gegen Ungerechtigkeit und Spaltung engagieren, darum geht es. Es ist gut, dass immer mehr Menschen bereit sind, auf die Straße zu gehen, zusammenzustehen und ein starkes Signal gegen die Kräfte zu setzen, die unsere demokratischen Grundlagen erschüttern wollen. Es geht darum, dass wir uns mehr denn je für eine Gesellschaft stark machen, die auf den Werten der Aufklärung, des Respekts und der Solidarität basiert. Die Bewahrung unserer demokratischen Institutionen und die Förderung eines sozialen Zusammenhalts sind essentiell, um die Freiheit und den Wohlstand für zukünftige Generationen zu sichern. Wir müssen den Rattenfängern und Schlangenbeschwörern der Neuen Rechten und des Rechtsextremismus, der Identitären Bewegung und der AfD, die ja in Teilen selbst gesichert rechtsextrem ist, Paroli bieten und sie aktiv zurückdrängen.

Ein kulturelles Zentrum der neuen Rechten ist Schnellroda. Dort führt der mutmaßliche Rechtsextreme Götz Kubitschek seinen Antaios-Verlag. Das Symbol seines Verlags ist eine Schlange. Und was dort verlegt wird, ist pures Gift. Zum Beispiel über Remigration, über linke Strategien, die man für den revolutionären Kampf der Neuen Rechten nutzen kann, über Unterwanderungen, über einen Regimewechsel, über Xenophobie und andere gefährliche Umtriebe. Deshalb gab es bei den letzten Buchmessen in Frankfurt heftige Proteste gegen die Teilnahme der Rechtsextremen.

Das Trojanische Pferd

Ich vergleiche die Wächter der Demokratie gern mit Laokoon und seinen Söhnen. In der Aenäis von Vergil, die wir noch in der Schule im Lateinunterricht und auf Lateinisch gelesen haben, wird die Geschichte des Priesters Laokoons mit der des Trojanischen Pferdes verknüpft: Die Griechen wollten Troja erobern, stießen aber auf heftigen Widerstand. Der Vormarsch stoppte. Also sann die Griechen auf eine List. Sie gaben vor, Troja zu verlassen und der Stadt zur Ehrung der Götter ein hölzernes Pferd schenken zu wollen, in dessen Bauch sich in Wahrheit jedoch griechische Kämpfer verstecken. Laokoon erkannte als einziger den Betrug. Er stieß mit einem Speer auf das Pferd ein; dieser prallte jedoch ab. Daraufhin erschienen zwei von der Göttin Athene geschickte Schlangen, die Laokoon zusammen mit seinen beiden Söhnen töteten. Die Trojaner meinten darin eine Strafe der Götter für die Entweihung des Geschenkes zu sehen, zogen das hölzerne Pferd in die Stadt (trojanisches Pferd) und besiegelten damit ihren Untergang. Der Kampf des Laokoon und seiner Söhne war zwar heroisch, aber vergebens. Das trojanische Pferd war der Schlüssel, um Troja zu zerstören. Zuvor hatten die Schlangen die Mahner vernichtet.

Rechtsextremisten sind Demokratiefeinde

Rechtsextremisten sind autoritäre, totalitäre Feinde der Demokratie im Bauch des Trojanischen Pferdes. Sie wollen letztendlich die Demokratie von innen zerstören, vernichten und abschaffen und Menschen, die ihnen nicht passen, rausschaffen. Das trojanische Pferd steht schon mitten in unserer Gesellschaft. Es sind sogar viele trojanische Pferde – und viele Blinde, die nicht sehen wollen. Und die Schlange züngelt in aller Offenheit in Ostdeutschland, in Westdeutschland, kurz: überall.

Wir wollen nicht Laokoon sein, so tapfer er auch kämpfte. Er war nackt und am Ende wehrlos. Wir müssen wehrhaft sein als Demokraten. Und wir müssen die Feinde der Demokratie vertreiben statt ihnen und ihren verlogenen, falschen Versprechungen, ihren vergifteten »Geschenken« auf den Leim zu gehen.

Laokoon und die Schlangen

Der nackte Laokoon und seine Söhne, von Schlangen fast erdrückt, gehört zu den Meisterwerken der antiken Bildhauerkunst. Es stellt eine Szene aus der griechischen Mythologie dar und zeigt Laokoon, den Priester von Troja, und seine beiden Söhne, die von Riesenschlangen gewürgt werden. Das ist Drama pur, existenziell, emotional, intensiv. Gotthold Ephraim Lessing, der große Aufklärer, hat dazu 1766 eine bahnbrechenden Schrift unter dem Titel Laokoon oder Über die Grenzen der Mahlerey und Poesie verfasst und veröffentlicht. In einem einzigen Moment ist die Geschichte des Priesters Laokoon und seiner Söhne, besonders aussagekräftig zusammengefasst. Die Figuren sind in einem Moment höchster Anspannung und Verzweiflung dargestellt, während sie versuchen, sich aus dem tödlichen Griff der Schlangen zu befreien. Die Darstellung der Muskeln, der Gesichtsausdrücke und der Bewegung ist äußerst realistisch und vermittelt den Betrachtern ein starkes Gefühl des Leidens und der Tragödie.

Die Laokoon-Gruppe wurde im Jahr 1506 in Rom ausgegraben und zog sofort die Bewunderung der Renaissance-Künstler und Gelehrten auf sich. Sie wurde zu einer der berühmtesten Skulpturen der Antike und hatte einen großen Einfluss auf die Kunst der Renaissance. Die Skulptur befindet sich heute in den Vatikanischen Museen in Rom und gilt weiterhin als eines der bedeutendsten Werke der antiken Kunst.

Mich hat sie total fasziniert.

Warum Laokoon vernichtet wurde?

Es gibt unterschiedliche Varianten.

Die Geschichte hinter der Skulptur variiert in den antiken Erzählungen. Der Angriff der Schlangen könnte entweder eine Strafe für einen Frevel Laokoons sein (Sex im Heiligtum) oder ein taktischer Schachzug der Göttin Athene, um zu verhindern, dass die Trojaner Laokoons Warnungen vor dem Trojanischen Pferd Glauben schenken.

Sex können wir in unserer Geschichte definitiv ausschließen.

Wer möchte schon mit altfränkischen Bewunderern der Mädels-Bund-Ideologie und der Arno-Breker-Kunst Sex haben – und schon gar nicht in irgendeinem Runen-Heiligtum.

Das Trojanische Pferd der Rechtsradikalen: Wir haben keinen Bock 

Bleibt also das Trojanische Pferd.

Auf solche Pferde haben wir allerdings keinen Bock.

Interview mit Armin König

Interviewer: Guten Tag und herzlich willkommen. Heute sprechen wir über ein höchst aktuelles Thema: Die neuen Rechten und ihre Symbolik. Ihnen ist aufgefallen, dass  der Antaios-Verlag in Schnellroda die Schlange im Signet führt.

König: Ja, das ist ein interessanter Aspekt. Der Antaios-Verlag, geleitet von Götz Kubitschek, einem mutmaßlichen Rechtsextremen, hat tatsächlich die Schlange als Symbol gewählt. Und irgendwie erscheint das ja passend, weil sie im kulturellen Verständnis oft mit List und Gefahr assoziiert wird. Was dort verlegt wird, kann man metaphorisch als „pures Gift“ bezeichnen, da es Themen wie Remigration und Xenophobie behandelt und zur Unterwanderung und einem Regimewechsel aufruft.

Interviewer: Interessant. Es gab ja heftige Proteste gegen die Teilnahme der Rechtsextremen an den letzten Buchmessen in Frankfurt. Wie sehen Sie die Rolle der Demokratieverteidiger in diesem Kontext?

König: Die Wächter der Demokratie vergleiche ich gern mit Laokoon und seinen Söhnen. Sie warnen vor Gefahren, ähnlich wie Laokoon vor dem Trojanischen Pferd warnte, doch oft wird ihre Warnung ignoriert oder es ist bereits zu spät. Die rechtsextremen Strömungen innerhalb der Gesellschaft sind wie trojanische Pferde – sie zielen darauf ab, die Demokratie von innen heraus zu zerstören.

Interviewer: Sie erwähnen Laokoon. Können Sie uns mehr über die Bedeutung seiner Geschichte erzählen?

König: Natürlich. Die Geschichte von Laokoon, der vor dem Trojanischen Pferd warnte, ist ein Sinnbild für den unbeachteten Warner. Obwohl er den Betrug der Griechen erkannte, wurde er von Athene geschickten Schlangen getötet, was die Trojaner fälschlicherweise als göttliche Strafe sahen. Sie zogen das Pferd in ihre Stadt und besiegelten damit ihren Untergang. Diese Geschichte illustriert dramatisch die Konsequenzen, die Ignoranz und Blindheit gegenüber Warnungen haben können.

Wehrhaft bleiben

Interviewer: Wie können wir in der heutigen Zeit verhindern, dass wir das Schicksal der Trojaner teilen? Wie können wir als Demokraten wehrhaft bleiben?

König: Wir dürfen nicht wie Laokoon enden, tapfer aber letztlich wehrlos. Es ist entscheidend, dass wir als Demokraten wehrhaft bleiben und die Feinde der Demokratie erkennen und vertreiben. Wir dürfen ihren falschen Versprechungen und „vergifteten Geschenken“ nicht auf den Leim gehen. Die Gefahr lauert nicht nur in Ost- oder Westdeutschland, sondern überall, und wir müssen wachsam und entschlossen handeln.

Interviewer: Sie haben auf ihrer Webseite geschrieben, die Rechtsradikalen und die Rechtsextremen seien eine wirkliche Gefahr für unser Land und für uns, die wie wir kritisch denken. Können Sie das näher konkretisieren?

Biedermann und die Brandstifter

König: Die schlimmsten Hetzer der AfD sind meiner Meinung nach geistige Brandstifter, die uns alle in Gefahr bringen. Demokratie ist das Beste, was wir haben. Demokratie und Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Deshalb müssen wir alles tun, um sie zu verteidigen und zu schützen. Wer wie ich mehrfach mit dem Tode bedroht worden ist, wer widerliche Sätze lesen muss wie »Ich werde dich abschlachten wie ein dummes Schwein«, der weiß, dass von Extremisten nicht nur theoretisch Gefahren ausgehen. Da gibt es Leute, die reden wie die schlimmsten Nazi-Demagogen. Das ist auf Twitter, jetzt »X«, Facebook, Telegram oder in Internet-Archiven nachzulesen. Der Publizist und Politiker Jürgen Todenhöfer hat einige Zitate aus den Reihen der AfD dankenswerterweise öffentlich gemacht. Correctiv hat die Zitate überprüft. Das hat also Hand und Fuß: Da schreibt ein stellvertretender AfD-Kreisvorsitzender: »Am besten das Pack zurück nach Afrika prügeln«, und in einem anderen Tweet: »Auf der Stelle erschießen, dann wird sich das ganz schnell legen«.

»Das ist pure Volksverhetzung«

Das ist pure Volksverhetzung. Ein vom Staat finanzierter Mitarbeiter zweier Stuttgarter Landtagsabgeordneter, Marcel G., schrieb: »Ich würde niemanden verurteilen, der ein bewohntes Asylantenheim anzündet!« An anderer Stelle hat dieser Marcel G. »sich so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote« gewünscht. Eine Klage von G. gegen die Veröffentlichungen hat das Oberlandesgericht Karlsruhe abgewiesen. Correctiv zitiert das OLG: »Das Gericht sieht es als hinreichend glaubhaft gemacht an, dass die im Rechtsstreit vorgelegten Chat-Protokolle authentisch sind«, heißt es in einer Pressemeldung des Gerichts. Ich nehme das sehr ernst, da es um extrem demokratiefeindliche Sätze und Pläne geht – etwa bei den sogenannten Remigrationsplänen, die beim Treffen in Potsdam in der Runde von AfDlern, WerteUnion-Mitgliedern und ganz rechten CDU-lern verhackstückt wurden.

Wenn aus Worten Taten werden

Interviewer: Geistige Brandstifter ist trotzdem ein harter Vorwurf…

König: Dass aus Worte Taten werden, haben wir beim Mord am Flüchtling Samuel Yeboah in Saarlouis gesehen, der jetzt nach Jahrzehnten erst wirklich ausermittelt wurde, soweit das noch möglich war und der endlich mit einer Verurteilung endete. Das war Brandstiftung. Tod durch Verbrennen. Wie wir es an anderer Stelle in Deutschland auch erlebt haben. Muss ich an den Mord an CDU-Regierungspräsident Walter Lübcke erinnern? Muss ich an den NSu-Terror erinnern? An brennende Flüchtlingsheime? Deshalb finde ich es gut, dass jetzt wieder Max Frischs Theaterstück »Biedermann und die Brandstifter« neu inszeniert und aufgeführt wird.

Interviewer: Können Sie uns in ein paar Sätzen sagen, warum dieses Drama heute wieder aktuell ist?

König: Max Frischs Drama „Biedermann und die Brandstifter“ ist ein bedeutendes Werk der deutschen Nachkriegsliteratur und behandelt Themen wie Anpassung, Verdrängung und die Verantwortung und Verführung des Einzelnen durch Rattenfänger und Brandstifter. Im Fokus steht Gottlieb Biedermann, der trotz offensichtlicher Warnzeichen zwei Brandstifter in sein Haus aufnimmt und ihnen sogar dabei hilft, Feuer zu legen. Das Drama ist eine Parabel für die Passivität und Komplizenschaft der Bürger in einer Gesellschaft, die von totalitären Ideologien bedroht ist.

AK