Armin König

Klartext-Rede – WIR sind die Werte-Union

Bürgermeister Dr. Armin König
Illingens Bürgermeister Dr. Armin König beim CDU-Landesparteitag in der Congresshalle in Saarbrücken 2017. Foto: Ulrich Schnur.
Rede des Illingen Bürgermeisters Dr. Armin König beim CDU-Landesparteitag am 4.11.2017 in der Congresshalle Saarbrücken

Herr Präsident,
liebe Parteifreunde, liebe Gäste,
sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Annegret,

das war eine großartige Rede, die wir gerade von Dir gehört haben, eine emotionale Rede, eine Grundsatzrede, wie ich sie in all den Jahren bei der CDU Saar noch selten gehört habe.
Danke von uns allen. Diese Rede macht Mut, diese Rede tut gut.
Wir wissen einmal mehr, wofür wir im Frühjahr gekämpft haben.

Wir haben ein grandioses Frühjahr erlebt – nach dem Motto: Jetzt fängt das schöne Frühjahr an und alles fängt zu blühen an – und leider einen tristen Herbst. Und wir mussten bei der Bundestagswahl feststellen, dass nicht alle Blütenträume reifen.
Manche Früchte des Erfolgs sind sauer. Deshalb ist es notwendig, dass wir reden, getreu dem biblischen Motto aus dem Buch Kohelet:

Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.“

Es gibt aber nach Wahlen keine Friedenspflicht. Es liegt was in der Luft, und wenn man das nicht ausräumt, folgt irgendwann Zerrüttung. Erste Anzeichen dafür gibt es: Intern, wie der Unionsstreit zeigt, und extern. Einige wollen anscheinend partout nicht, dass es klappt. So ertragen wir leidend den Krampf in Berlin unter dem Titel „Sondierungsgespräche für Jamaika“.

Sicher ist das Wahlergebnis auch eine Folge der Strategie. Wir hätten die AfD attackieren und zerlegen müssen. Das sind mittlerweile überwiegend Feinde der Demokratie. Bei der Gelegenheit will ich mit Blick auf einige Politiker in Sachsen sagen: Mit denen von der AfD können wir nie und nirgendwo kooperieren.

Aber es sind auch Kampagnenfehler gemacht worden. Wir hatten ein Berlin ein großartiges experimentelles Haus voller toller Ideen und Effekte – es war aber leider nur für wenige Eingeweihte zugänglich. Und es hieß #FEDIDWGUGL-Haus – ein bescheuerter Hashtag, den kein Mensch verstanden hat #FEDIDWGUGL – und ausgesprochen war der Hashtag auch nicht viel besser. Denn das hieß: Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben. Das war so statisch und rückwärtsgewandt.

Politik ist eine Frage der Überzeugung und des Vertrauens. Ohne Vertrauen ist alles nichts. Die Bayern haben dies massiv untergraben. Für mich ist und bleibt die Demütigung, die ein Horst Seehofer der Kanzlerin bereitet hat, bis heute unverzeihlich. Bierdunst und Oktoberfestgebrüll sind kein Ersatz für gute Politik. Da es viele Wählerinnen und Wähler gibt, die von Gebrüll abgeschreckt werden, muss die CDU die Frage einer eigenen bayerischen Parteigründung nach wie vor ergebnisoffen diskutieren.
Wir haben 2017 zwei völlig unterschiedliche Szenarien erlebt: Landtagswahl und Bundestagswahl.

Die Landtagswahl hat uns zusammengeschweißt, obwohl wir eine ausgesprochen schwierige Ausgangsposition hatten. Aber wir wollten gewinnen. Und deshalb haben wir gekämpft. Plötzlich waren wir EIN TEAM. Wir hatten EIN ZIEL:

ANNEGRET MUSS WIEDER MINISTERPRÄSIDENTIN ZU WERDEN.

Wir haben gekämpft wie die Löwen. Wir sind von Haustür zu Haustür gerannt, wir haben uns die Hacken abgelaufen, wir haben mit den Leuten geredet, auf dem Fußballplatz, auf dem Markt, auf der Arbeit, wir waren immer mittendrin, wir haben den Leuten zugehört, wir haben versprochen, uns zu kümmern. Und weil die Menschen uns kennen und wissen, dass wir halten, was wir versprechen, sind wir gewählt worden – trotz der Flüchtlingskrise oder WEGEN DER ART, WIE WIR DAS SCHAFFEN. Immer bürgernah, immer nah dran. Logisch, dass wir GEWINNEN WOLLTEN. Das war wie in einem Pokalspiel, das wir gedreht haben. Und den Schulz-Hype haben wir versenkt.

Doch bei der Bundestagswahlkampf war dann alles ganz anders. Da war nicht der richtige Biss, auch wenn wir für erfolgreich Nadine gekämpft haben -, da war nicht der richtige Kampfgeist, da fehlte Begeisterung. Es gab ja auch keine gemeinsame Strategie. Und der Slogan? „Für ein Deutschland in dem wir gut und gerne leben“? Das bedeutete wohl: Alles soll bleiben, wie es ist. Wir regeln das.

Man wird aber nicht für die Vergangenheit gewählt, sondern für die Ideen und Konzepte der Zukunft. Die hatten wir, aber sie sind nicht kommuniziert worden. Und wenn selbst Jung von Matt als Agentur sagt: „Wir sind gescheitert“, dann spricht dies Bände. Wahlen werden nicht defensiv „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben wollen“ gewonnen, sondern mit starken Leuten und tollen Ideen für eine ungewisse, aber große Zukunft. Mutig und bürgernah.

WIR HABEN UNSER POTENZIAL BEI WEITEM NICHT GENUTZT.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Kanzlerin, die wir so unterstützt haben in der Flüchtlingskrise und im Wahlkampf, zu ihren Mitgliedern gekommen wäre und mit uns geredet und aufgearbeitet hätte, was falsch gelaufen ist. In einem Basismarathon. Miteinander reden. Stattdessen kam ihr Satz, sie könne keine Fehler erkennen und wir hätten ja eine strategische Mehrheit. Ja, wo gibt es denn das, dass man nach solchen Verlusten dem eigenen Anhang nicht wenigstens einen Hauch von Erklärung gibt?

Und wenn das, was wir derzeit bei den Jamaika-Sondierungen als „strategische Mehrheit“ erleben, dann ist das ganz sicher nicht der strategische Erfolg, den wir wollten. Es ist jetzt höchste Zeit, dass die Verhandler in Berlin zu einem Ergebnis kommen.

Fakt ist aber auch: Diese Kanzlerschaft wird endlich sein. Deshalb müssen wir nach vorn schauen und für eine Zeit mit völlig neuen Herausforderungen eine völlig neue Politik entwickeln. Fair und demografiesensibel, innovativ und mutig. Und sicher. Das wird nicht einfach. Geht aber.

Clinton hat gesagt: It’s the economy, stupid. Jetzt ist es die innere und äußere Sicherheit. Das ist ein Paradigmenwechsel. Packen wir’s an.

Es ist die vornehmste Aufgabe des Staats, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Und wenn wir dafür mehr Polizisten und mehr Staatsanwälte und mehr Richter brauchen, dann muss man sie einstellen. Dann gilt nicht der Primat der schwarzen Null, sondern der Primat der Politik, der Sicherheit, des staatlichen Gewaltmonopols.
Ich bin Klaus Bouillon sehr dankbar, dass er bereits deutlich aufgestockt hat. In der Illipse sind mehr Polizisten vereidigt worden als in der ursprünglichen mittelfristigen Planung vorgesehen. Das ist der richtige Weg.

Auch Wirtschaft und Finanzen spielen in der Welt des Wandels eine fundamentale Rolle. Deshalb müssen wir die richtige Balance finden: Sicher, sozial, innovativ und frei – auf der Grundlage der christlichen Soziallehre. Soziale Marktwirtschaft ist unser Kompass. Nie war ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem so erfolgreich.

Und deshalb rufe ich dieser Gruppe unter Stefan Rabel, die unter dem Namen WerteUnion Schlagzeilen in der Saarbrücker Zeitung gemacht hat, zu:

Gute Politik geht nicht mit Ressentiments, nicht mit Rechtsruck. Das geht nur mit Recht und Gesetz und Kompetenz, mit Beamten und Beschäftigten, die von ihrer Arbeit für die Allgemeinheit begeistert sind.

Und noch eines ist außerordentlich wichtig: Wer arbeitet, muss mehr verdienen als der, der Transferleistungen erhält.
Das ist ureigene christlich-demokratische Politik, sozial und Zukunft weisend. Soziale Marktwirtschaft eben.

Für die Kleinen Leute müssen wir Politik machen, für die Mittelschicht, für die Facharbeiter, für die Selbstständigen, für die Jugend, für die Rentner, für die Lehrer, für die Schüler, für die Eltern.

Dazu gehört übrigens auch, dass man Beamte und Beschäftigte im Öffentlichen Dienst gut bezahlt. Die haben so viele Sparopfer gebracht. Jetzt spüren wir, dass es Facharbeitermangel nicht nur in der Wirtschaft gibt, sondern auch im öffentlichen Dienst. Wir brauchen qualifizierte Mitarbeiter für die Herausforderungen der Digitalisierung. Wir müssen nach Kompetenz einstellen, nicht nach Parteibuch oder sonstigen Vorlieben.

Wir müssen auch Politik für die machen, die schwächer sind, die unsere Hilfe brauchen. Weil das eine Frage der Menschlichkeit ist. Inklusion ist in diesem Land nur rudimentär umgesetzt. Das gilt für das Arbeitsleben, es gilt auch für die Bildung. Da haben wir noch großen Nachholbedarf.

Wir alle sind Werte-Union, nicht nur dieses kleine Grüppchen.

Wir müssen Politik für die Mitte der Bevölkerung machen.
Nicht TTIP für Konzerne. Nicht Steuerpolitik für Millionäre.
Und schon gar nicht für die Rechten.

Die CDU ist Partei der Mitte, Partei der Werte. Sie vereint Konservative, Sozialausschüssler, Mittelstandsvereinigung, alle aus der Mitte des Volkes. Sie alle, wir alle haben gemeinsame Grundüberzeugungen und Werte im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft und der christlichen Soziallehre.

Und deshalb ist es unanständig, wenn ein Ex-Abteilungsleiter der Staatskanzlei sich mit einem Ex-AfD-Funktionär ins Bett legt, um eine Gruppe namens WERTE-UNION in der Union zu gründen und nun den Anspruch erhebt, Mehrheitsmeinungen zu vertreten. Das geht gegen alle, die heute hier sind, und die nichts Anderes machen als Werte-Politik. Grundwerte-Politik. Auf der Grundlage des Grundgesetzes, der Saar-Verfassung, der zehn Gebote und der Bergpredigt.

Und dabei will ich dann auch auf das leidige Thema Leitkultur zu sprechen kommen.

Wenn wir von so genannter Leitkultur sprechen, kann das nur die europäische Kultur sein, keine engstirnige deutsche Leitkultur.
Unsere kulturellen Wurzeln sind europäisch.
Dann gehören dazu Shakespeare, Mozart, Chopin und Molière genauso wie Verdi, Michelangelo, Erasmus von Rotterdam, Franz von Assisi, Schiller und Goethe.

Und weil es bei dieser Kontroverse ja eigentlich um etwas ganz Anderes geht, will ich auch dies klar zum Ausdruck bringen:
Natürlich erwarten wir Integration, erwarten wir Respekt vor Verfassung und Gesetzen, absoluten Respekt vor Frauenrechten und Religionsfreiheit. Da bin ich ganz konservativ. Man muss das dann aber auch mit den nötigen Ressourcen umsetzen.

Aber eines ist auch klar: Wir können und wollen die Uhr nicht zurückdrehen. Die prüde Gesellschaft der 50er und 60er Jahre ist nicht unser Ideal.
Deshalb ist nicht Deutschtümelei das Rezept, sondern menschliche Politik Deutschlands in einem starken, solidarischen Europa der Bürger. Und eine moderne Familienpolitik.
Sie ist moderner denn je. Aber das wollen wir ja alle, die wir hier sind. WIR ALLE SIND WERTE-UNION. Und das lassen wir uns von niemandem streitig machen.

Erfolg entscheidet. Und den gibt’s in der Mitte. Und nur dort. Nicht am rechten Rand.

Wir können gern über Leitlinien der Flüchtlingspolitik reden. Und über ihre Umsetzung. Wir machen das ja täglich – trotz vieler Probleme ohne Aufhebens. Wir wissen wie’s geht, und deshalb bin ich für ein modernes Einwanderungsgesetz. Dafür ist es höchste Zeit. Im Übrigen ist Flüchtlingspolitik genau wie Jugendhilfe und Sozialpolitik eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die vom Bund in Gänze zu finanzieren ist. Dann haben die Kommunen auch wieder Luft zum Atmen.

Fazit: Wir müssen rein in die Mitte der Gesellschaft und mit den Menschen reden.
Viele von uns sind immer unter Menschen. Wir feiern mit ihnen und wir ehren sie, wir helfe ihnen, wenn sie uns brauchen.
Das Saarland ist eben auch ein Land der Ehrenamtlichen und der Vereine.

Am Sonntag war ich auf der Bergehalde. Dort waren Himmel und Menschen. Was ich dort gehört habe, hat mir nicht gefallen.
Eine gute Bekannte hat mir gesagt: Ich habe die falsche Partei gewählt. Jetzt streichen sie die Rente mit 63 ohne Abschlag.
Das ist nicht in Ordnung. Weil hier Vertrauen zerstört wird.

Und wieder einmal ist es Jens Spahn, der mit seinen Sprüchen die Abwendung der Menschen von der Politik erst verursacht, der die Menschen gegen die CDU aufbringt.

Rentenpolitik ist eine Frage des Vertrauens, keine Spielmasse für Parteitaktik.

Ich könnte Dutzende Themen hier anführen, die den Bürgern am Herzen liegen. Ihr kennt sie alle.
DARUM müssen wir uns kümmern. Und dafür müssen die finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden. Vom Bund und vom Land.

Was wir nicht brauchen, ist ein Rechtsruck. Wir müssen die Rechtspopulisten und Nationalisten stellen, wir müssen sie bekämpfen, wir müssen ihre Lügen entlarven.

Digitalisierung, Globalisierung und Demografie werden die Gesellschaft verändern. Es hilft nicht, nur zu digitalisieren, um zu rationalisieren. Wir brauchen die richtige Balance, sozial, fair und innovativ.

WIR MÜSSEN DIE MENSCHEN MITNEHMEN, DIEJENIGEN, DIE NICHT MEHR MITKOMMEN, DIEJENIGEN, DIE NICHT JEDES NEUE IPHONE KAUFEN KÖNNEN.
UNSER PLATZ IST MITTEN UNTER DEN MENSCHEN.

Überzeugt und überzeugend. Mit einem Kurs der Mitte.
Mit einer Ministerpräsidentin, die den Menschen aus dem Herzen spricht. Mit einer Begeisterung, die ansteckt. Dann können wir auch in Zukunft gewinnen. Glückauf.