Armin König

Angstpolitik als Geschäftsmodell der Populisten

von Dr. Armin König

Angstpolitik ist eine politische Strategie, die vor allem von populistisch-nationalistischen und anti-demokratischen Parteien gezielt eingesetzt wird. Es ist ihr wichtigstes Geschäftsmodell. Angst ist ihr Kapital. Angst verunsichert und schwächt das Vertrauen in gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten demokratischer Systeme. Populismusforscher haben untersucht, welche Mechanismen wirksam werden, wenn in einer Zeit der großen Unübersichtlichkeit und der gesellschaftlichen Neurosen »Angstpolitik« als Strategie und Taktik eingesetzt wird.

 

Mit Angstpolitik gewinnt man Wahlen

Angstpolitik ist aber seit vielen Jahren auch von konservativen Parteien wie der CSU und der CDU in Teilen übernommen worden, weil man damit Wahlen gewinnen konnte. Eine Lieblingsvokabel ist dabei die »Verschärfung«, die zum Asylrecht seit vielen Jahren ebenso passt wie zum Strafrecht, zum Polizeirecht, zum Arbeits- und Sozialrecht oder zu »Sicherheitsgesetzen« (Videoüberwachung, Befugnisse der Sicherheitsbehörden).

 

Populisten schüren gezielt Angst

Drastischer fordern dies die radikalen Populisten der AfD. Sie schüren gezielt und intensiv Angst vor Migranten, Angst vor kultureller Überfremdung, absurde Ängste vor angeblicher »Umvolkung« (ein rechtsextremes Narrativ) und treiben mit dieser Angstpolitik die anderen in den Parlamenten vertretenen Parteien vor sich her. Vor allem rechte Kreise in CDU und CSU springen seit Jahren auf diese Narrative auf in der Hoffnung, damit Wähler*innen zu gewinnen. Sie sind damit aber bisher krachend gescheitert. Die verunsicherte Bevölkerung wählt zunehmend das schrille Original der Angst- und Panikpolitik. Die Agenda der Politik haben die Rechtspopulisten und Rechtsextremen damit innerhalb von nicht einmal zehn Jahren dramatisch verändert. Begonnen hat dies mit den Terroranschlägen auf das World-Trade-Center am 11. September 2001 und dem »Global War on Terrorism«, der US-Präsident Bush und dem US-Department of State ausgerufen worden war. Zu den wichtigsten Zielen gehörten Prevention and Investigation, Law Enforcement, Homeland Security, Military Campaign. Das sind zum Teil verschleiernde Begriffe für Krieg, Verhaftungen und Internierungen, weltweite massenhafte private Datenüberwachung ohne Rechtsgrundlage und Einsatz von staatlicher Gewalt. Dass die Notwendigkeit bestand, den Kampf gegen Terrorismus zu koordinieren, ihn effektiver und effizienter zu führen, international zu kooperieren, wurde kaum bestritten. Dabei blieb es aber nicht. Da der Terror nicht ausgerottet werden konnte und wohl auch nicht kann, setzte eine Spirale der Gesetzesverschärfungen ein, die längst Eigendynamik gewonnen haben – auch ohne das Feld des Terrorismus.

Heribert Prantl, Buch-Autor und preisgekrönter SZ-Journalist, hat dies unter dem prägnanten und sehr stark zugespitzten Titel »Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie  man  mit  Angst  Politik  macht« (2008) verständlich erläutert. Seine Themen sind der Präventions- und Überwachungsstaat, die Aufweichung des Menschenwürdeschutzes, Exklusionen durch Feindstrafrecht und Ausländer- und Asylrecht sowie zunehmende Punitivität. Er begründet begründet auf dieser Grundlage die These,  »dass  mit  Angst  unnötig(e)  Politik  gemacht wird und wir uns letztlich von Terroristen die Gesetze diktieren lassen« (Velten 2009).

Bude (2014) war mit »Gesellschaft der Angst« einer der ersten populären Soziologen, der das Thema »Angst« seinem breiteren Publikum nähergebracht hat

 

Angstpolitik ist Machtpolitik

Angstpolitik wird gern genutzt, um Macht auszuüben. Angstpolitik ist also ein Instrument der Machtpolitik. Das war noch vor Beginn der so genannten »Flüchtlingskrise«, mit der das Populisten-Geschäft mit der Angst erst begann. Das Thema wurde nicht ernst genommen. Die Folgen sind zehn Jahre zu besichtigen: Europaweit haben rechtsnationale, rechtsextremistische und populistische Parteien enormen Zuwachs erzielt (Daten: ParlGov 2021).

2018 war es Brigitte Bargetz, die unter dem Titel »Politik und Angst –  Oder: homo neuroticus und der Spuk nationaler Souveränität« die psychoanalytische Beschreibung der Mechanismen weltweiter Angstpolitik in Zeiten der Globalisierung und damit des Verlust nationaler Souveränitäten beschrieben hat. Spätestens mit den Anschlägen auf das World Trade Center habe die Politik der Angst ihren Aufschwung genommen, die neurotische Bürger*innen unter Druck gesetzt habe.

Bargetz untersucht in ihrem Artikel zur Angstpolitik von 2018 in der Zeitschrift Prokla die Verknüpfung des „War on Terror“ mit der Politik der Angst, die in den letzten Jahren »(nicht nur) von rechten und rechtspopulistischer Seite vorangetrieben wurde.« (Bargetz 2018, 74) Diese politische Instrumentalisierung der Angst geht Hand in Hand mit dem Streben nach verstärkter Sicherheit, wie es auch das Konzept der Sekuritisierung beschreibt.

Bargetz betont, dass »im Teufelskreis zunehmender Sekuritisierung nicht nur reale Unsicherheiten« (Bargetz, 74) verstärkt würden. Gleichzeitig schaffe man »moralische Paniken und repressive Gesetzgebungen«. (Bargetz, 74) Dabei wird nicht nur die Sicherheit im allgemeinen Sinne beschworen, sondern auch eine Sicherheit des so genannten »Homeland« als Garant und Ersatz für die angeblich gefährdete individuelle Sicherheit vorgegaukelt.

 

Die Illusion der Sicherheit

Konservative und populistisch-nationalistische Politik  erzeugt die Illusion, dass die Sicherheit des Einzelnen gefährdet ist, um durch Verschärfung der Gesetze (Asyl, Migration, Datenspeicherung) und individuelle Freiheitseinschränkungen eine kollektive Nationalstaatssicherheit zu etablieren oder auch nur zu imaginieren.  wie es beispielsweise durch den Slogan „Make America Great Again“ symbolisiert wird.

Diese Taktik wurde besonders deutlich während der Amtszeit von Donald Trump, der als Präsident der Vereinigten Staaten von 2017 bis 2021 diese Agenda vorantrieb. Trump setzte auf eine nationalistische Rhetorik, die auf Angst und Unsicherheit basierte, um politische Maßnahmen zu rechtfertigen, die die nationale Sicherheit betonten, Menschen nichtweißer Hautfarbe als Gegner oder Feinde zu stigmatisieren und gleichzeitig individuelle Freiheiten in bestimmten prekären Segmenten der beschränkten und gleichzeitig die Freiheiten der Reichen erweiterten.

Ein charakteristisches Merkmal ist laut Bargetz die Schaffung vom »künftigen Ursprung affektiver Fakten«, wie von Brian Massumi beschrieben. Das bedeutet, dass durch die Imagination und Beschwörung bedrohlicher Zukunftsszenarien durch Angst konkrete Reaktionen in der Gegenwart ausgelöst werden.

Einfacher gesagt: Die Choreografen der Angstpolitik schüren unkonkrete Angst in der Bevölkerung, insbesondere vor Fremden, Überfremdung, Kulturverlust, Abhängigkeiten von global gesteuertem Großkapital oder Terror, um auf dieser »Klaviatur des Panikskripts« (Bargetz, 74; Greiner 2016) fortissimo die ganz starken dissonanten Akkorde anzuschlagen. Greiner hat dies für den Bereich der USA auf den markanten Begriff » United States of Angst : Donald Trump und der Extremismus der Mitte« (Greiner 2016) gebracht.

Das ist kein neues Phänomen.

»Angst nix gut. Angst essen Seele auf!« So sagt es Ali im berühmten und vielfach ausgezeichneten Film-Melodram von Rainer Werner Fassbinder, das den programmatischen Namen »Angst essen Seele auf« (1974) trägt. Es ist eine brillante Analyse der Mechanismen sozialer Unterdrückung und der Diskriminierung von Migranten und Minderheiten.

Ähnlich weit wie Max Weber, Hannah Arendt, Michel Foucault und Pierre Bourdieu das Phänomen der Macht und der Machtfelder sehen, so zieht auch der Soziologe Heinz Bude in »Gesellschaft der Angst« einen ganz großen Kreis um die Angst: »Sie ist das Prinzip, das absolut gilt, wenn alle Prinzipien relativ geworden sind.« (Bude, 2014, 11) Das geschieht vor allem in Krisenzeiten.

 

Die Welt im Dauer-Krisenmodus

Die Welt ist im Dauer-Krisenmodus. Die großen Herausforderungen der Gegenwart sorgen in Deutschland und Europa, aber auch weltweit für beispiellose Verunsicherung. Das sind keine abstrakten Krisenerfahrungen. »Es sind unsere Krisen, die wir erleben und erleiden«, sagen Zeitgenossen. Krisenfolgen kommen national wie regional und lokal an – und das heftiger denn je. Global und höchst individuell erfahren Menschen die negativen Auswirkungen einer hochgradig vernetzten kapitalistischen Weltwirtschaft, die keine Rücksichten auf Einzelne nimmt, die ethikfrei und verantwortungslos agiert und nur an schnellen Profiten Einzelner interessiert ist. Shareholder Value schlägt Menschenrechte – im Wortsinn und in die Flucht. Urs Widmer hat in seinem Theaterstück »Top Dogs« das Bild vom Flammenwerfer und vom Ausräuchern benutzt. Für ihn ist Handel Krieg, bei dem es »echte Tote« gibt. In dem spektakulären und sehr erfolgreichen Stück lässt Widmer seinen zynischen Turbokapitalisten Bihler sagen: »Im Krieg brauche ich andere Männer als im Frieden. Heute brauche ich Generäle, die als Allererste in den Dschungel gehen. Die draufhalten können. Heute gibt es echte Tote. Sie müssen mit dem Flammenwerfer in die Konkurrenz rein und die ausräuchern. Sonst sind SIE dran. Churchill war im Frieden eine Niete. Aber im Krieg war er ein As. Heute sind wieder die Churchills gefragt.«

Was für ein Satz: »Heute gibt es echte Tote.«

Das deckt sich mit den Beobachtungen von Papst Franziskus.

»Diese Wirtschaft tötet«, hat er in seinem Apostolischen Schreiben »Evangelii Gaudium« festgestellt. Es ist ein eindringlicher Appell an alle Menschen guten Willens. Dieser Wille ist auch dringend notwendig, damit nicht rebellierende Opfer des Turbokapitalismus der Demokratie den Garaus machen. Die Gefahr ist real, so wie die Gefahren des ungebremsten Neoliberalismus real sind.

 

Kampffeld Weltwirtschaft

Die Weltwirtschaft ist zum »Kampffeld« geworden. Natur und Umwelt und das Soziale kommen unter die Räder. Unwägbarkeiten, Hindernisse, Hürden, Brüche sorgen für Irritationen und Störungen. Angst-Störungen. Vor allem aber haben die Menschen Angst, unter die Räder zu kommen.

Brasilien ist ein Musterbeispiel für die ökonomischen und ökologischen Verwüstungen, die der Neoliberalismus unter Präsident Jair Bolsonaro angerichtet hat. Die USA und Großbritannien sind auf dem Weg in die verwüstete Gesellschaft seit Mitte der 2010er Jahre dank der Lügner und Betrüger Donald Trump und Boris Johnson und der ausgewiesenen Hayekianerin Liz Truss ein gutes Stück vorangekommen.

Und in Deutschland predigen die unsoziale Arbeitgeber-Lobbyorganisation »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« (INSM), FDP-Chef Christian Lindner und der CDU-Chef und ehemalige Blackrock-Manager Friedrich Merz eine Art von Kapitalismus, die den Menschen Angst und Bange macht. Die »Bürgerlichen mit Gewissen«, die Christen mit politischem Bewusstsein, die keine Freunde Ampel sind, sind seither heimatlos. Und auch Fühlen ist eine Art von politischem Leiden oder politischer Partizipation

Wenn aber diese Verfechter des ungebremsten Neoliberalismus selbst katastrophische Beben an den Finanzmärkten, in der Energiepolitik oder im Zusammenleben der Staaten auslösen, dann werden die Risiken sozialisiert, nachdem alle Kapitalreserven und Profite privatisiert worden sind. Kurzum: Die so genannten »braven Bürgerinnen und Bürger« vor allem aus der Mittelschicht zahlen ein zweites Mal für die Superreichen und ihre Art, Geschäfte zu machen und den Rest der Welt auszubeuten. Sie zahlen mit höheren Steuern, höheren Gaspreisen, höheren Bauzinsen, mehr Inflation. Ihr Geld wird weniger wert. Und sie fragen sich, was sie selbst noch wert sind in diesem System, in dem die Werte der Menschlichkeit verlorengegangen sind wie das Vertrauen in die Sicherheit der eigenen Existenz im republikanisch-demokratischen Staat.

 

Existenzielle Verlusterfahrung

Das ist eine existenzielle Verlusterfahrung, auch dann, wenn der Verlust noch nicht eingetreten ist. Permanenter Alarm in der erschöpften Erregungsgesellschaft erzeugt permanente Angst und macht krank.

»Die Angst kommt daher, dass alles offen, aber nichts ohne Bedeutung ist. Man glaubt, in jedem Moment mit seinem ganzen Leben zur Disposition zu stehen.« (Bude 2014, 20) Das verheerende aber ist, dass die Mitte der Gesellschaft nun plötzlich Angst vor Abstieg und Armut hat. Das sozial-marktwirtschaftliche Versprechen der Gerechtigkeit wird nicht mehr eingelöst. Abstieg und Absturz können jeden treffen, das haben die Krisen und Bedrohungen der 2000er Jahre hinreichend gezeigt. Prekäre Arbeits- und Praktikumsverhältnisse, Hire and Fire bei gleichzeitiger Profitexplosion in den Kreisen der Reichsten der Gesellschaft – das macht zornig (Sloterdijk) und sorgt für massiven Aufschwung bei Populisten überall in Europa.

Urs Widmer hat die Mechanismen in seinem Königsdrama der Kündigungskultur »Top Dogs« brillant beschrieben. Dabei geht es nicht nur um den Flammenwerfer und den Krieg. Entscheidend ist auch die Verunsicherung derer, die als Nächste dran sein können. Wie bei der Stasi kann es jeden und jede treffen. Alles ist Willkür und Herrschaftsgewalt.

»Nicht um Underdogs geht es hier, sondern um TOP DOGS. Um Spitzenmanager also, die im Zuge global bedingter Umstrukturierungen entlassen wurden und die sich jetzt, zwecks Schockabfederung, Enttäuschungsverarbeitung und späterer beruflicher Reintegration, in einem Züricher Outplacement-Büro zusammengefunden haben. Wichtig ist der Perspektivenwechsel. Präsentiert wird ein Königsdrama der Wirtschaft, nicht ein Kleine-Leute-Stück. Das bugsiert das Spiel aus den Grauzonen der üblichen Sozialreportage heraus, sichert ihm überraschende Einsichten – und Witz: Ein klein wenig Schadenfreude, natürlich, ist auch dabei – schon tröstlich zu wissen, dass es auch `die da oben´ jederzeit treffen kann. Lachend, bestens unterhalten, aber immer wieder auch in Beklommenheit begreifen wird: Da ist etwas faul, nicht nur im Staate Helvetia; da bahnt sich weltweit ein ziemlich wölfischer Kapitalismus seinen Weg – in seiner Inhumanität notdürftig getarnt hinter den phraseologischen Fassaden eines dynamischen Neoliberalismus; da wird der Mensch, sofern er nicht gerade als Verbraucher benötigt wird, zunehmend überflüssig; da müssen Manager nicht nur ihre Untergebenen, sondern am Schluss auch sich selbst entlassen – das ist die groteske Logik der Ökonomie. Die Globalisierung frisst ihre Kinder.« (Gerhard Jörders Preisrede auf TOP DOGS beim Berliner Theatertreffen 1997)

 

Hinterhältig

Angstpolitik sei »das hinterhältigste und wirksamste Instrument gesellschaftlicher Unterdrückung«, so zitiert Rüdiger Graf (2009) den Filmemacher Rainer Werner Fassbinder. Angst wird gezielt vor allem von Systemen und Machthabern eingesetzt, die die Gesetzmäßigkeiten der Psychologie ausnutzen: Menschen neigen dazu, sich autoritären Führern zuzuwenden, wenn eine undefinierbare Bedrohung von außen auf sie einwirkt, gegen die sie sich nicht wehren können. Autoritäre Führer, Clans, reaktionäre Parteien, hierarchische Peer-Groups, Sekten, gewalttätige Vereine und Clubs versprechen Schutz vor Bedrohungen und fordern gleichzeitig eine Identifikation mit der Gruppe. Reaktionäre Politik nutzt also Angstmechanismen, um mit dieser Dynamik (Zusammenschluss zur Herde oder Meute bei Bedrohung) eine starke Gemeinschaft zu formen, die auf gemeinsamen Ängsten Feindbildern basiert. Carl Schmitt hat diese autoritären Angst-Mechanismen und die Freund-Feind-Bilder in seinem reaktionären Denken essenziell verarbeitet. Er gilt als einer der einflussreichsten konservativen deutschen Staatsrechtler und Machtphilosophen.

»Schmitt beschrieb das Betriebsgeheimnis und die Gebrauchsanleitung jeder Art von Macht – ganz gleich, ob es sich dabei um rechtsstaatliche oder autoritäre Systeme handelt.« (Michael Reitz)

Veith Selk geht noch einen Schritt weiter und sieht Angstpolitik als grundlegend für Terrorismus. Diese gezielte Angsterzeugung sei hoch politisch und nehme »vor allem Zivilisten ins Visier» (Selk, 2011, 16) Zu deren Zielen gehöre es, durch spektakuläre Gewaltaktionen Aufmerksamkeit zu erzielen, um politische Ordnungen umzustürzen oder zu verändern.  Sie sprengen Grenzen und Mauern, erzeugen Leid, Schrecken, bringen Not und Tod und wollen Entscheidungen beeinflussen, revidieren oder erst herbeiführen, die in ihrem ideologischen Sinne sind. (vgl. Selk 2011)

Öffentliche Angst beeinflusst öffentliche Meinungen und setzt politische Prozesse im Sinne der Angstmacher in Gang. In Deutschland haben die Nationalsozialisten gezielt Angst und Terror verbreitet. Sie haben nicht nur damit gedroht, sondern auch die Macht usurpiert und ihre Gegner verhaftet, gefoltert, getötet. Faschismus und Ant gehören existenziell zusammen. Aber auch in sozialistisch-kommunistischen Systemen ist Angst-Erzeugung ein probates Mittel, um politische Gegner und politischen Widerstand zu eliminieren. Geheimpolizei, Verräter, Spitzel, Datensammler sorgen mit ihrer destruktiven Angst-Strategie für kollektive Verunsicherungen und Angst-Störungen. Sicherheit wird dann höher eingeschätzt als Freiheit. Angstpolitik stört und gefährdet Freiheit.

Angstpolitik hat negative politische Folgen, beeinflusst Debatten, Meinungsklima und setzt Gesetzgebungs- und Regierungsprozesse in Gang. Verstärkt wird sie durch den Resonanzraum der klassischen und der neuen »sozialen« Medien.

Angstpolitik ist keine Lösung.

Was ist die Alternative:

Vertrauen in die Freiheit eines demokratischen Staates und seiner Protagonistinnen und Protagonisten. Unser Ideal ist nicht die autoritäre Herrschaft, die ihre politische Legitimation auf den Zusammenhang von Schutz und Gehorsam gründet, sondern auf Freiheit, Vernunft und Mut zum eigenen Denken- und auf Vertrauen in die Kraft der Demokratie.

Referenzen:

Bargetz, Birgit (2018): Politik und Angst Oder: homo neuroticus und der Spuk nationaler Souveränität. PROKLA.  Heft 190, 48. Jg. 2018, Nr. 1, 73 –   8

Baumann, Zygmunt (2006):  Liquid Fear. Cambridge 2006.

Bude, Heinz (2014): Gesellschaft der Angst. Hamburg: Hamburger Edition.

Franziskus: Evangelii Gaudium. Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium des Heiligen Vaters Papst Franziskus an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die Personen geweihten Lebens und an die christgläubigen Laien über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute. „Evangelii Gaudium“: Apostolisches Schreiben über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute (24. November 2013) | Franziskus (vatican.va)

Furedi, Frank (1997): Culture of Fear: Risk-Taking and the Morality of Low Expectation. London

Graf, Rüdiger (2009): »das hinterhältigste und wirksamste Instrument gesellschaftlicher Unterdrückung«. Gemeinschaft und Gesellschaft in Rainer Werner Fassbinders »Angst essen Seele auf. In: Baumeister, Martin (et al: (Hg.): Die Kunst der Geschichte. Historiographie, Ästhetik, Erzählung. S. 373-392. München: Vandenhoeck&Ruprecht.

Greiner, Bernd (2016): United States of Angst . Donald Trump und der Extremismus der Mitte . In: Blätter für deutsche und internationale Politik 61(9): 43-50.

Honneth, Axel (2006): Angst und Politik . In: Honneth, Axel (Hg .): Schlüsseltexte der Kritischen Theorie . Wiesbaden: 380-382 .

Jörder, Gerhard (1997): Preisrede auf „Top Dogs“ beim Berliner Theatertreffen 1997. (Quelle: Verlag der Autoren)

Prantl, Heribert (2008): Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie  man  mit  Angst  Politik  macht. München: Droemer Knaur)

Reitz, Michael (2019): Versuch über das Denken Carl Schmitts, Deutschlandfunk 24.2.2019; https://www.deutschlandfunk.de/macht-und-recht-versuch-ueber-das-denken-carl-schmitts-100.html

Selk, Veith (2011): Angstpolitik. Terrorismus als politische Strategie. In Diskurs Jg. 7 (2011); 1/2011. S. 10-35.

Selk, Veith (2021): Zwischen rinks und lechts. Angstpolitik in Zeiten des Populismus. In: Hermeneutische Blätter. 26(1+2); S. 153-163. (1) (PDF) Zwischen rinks und lechts. Angstpolitik in Zeiten des Populismus (researchgate.net)

Velten, Petra (2009): Rezension zu Prantl, Heribert (2008): Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie  man  mit  Angst  Politik  macht.. Zeitschrift Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform. https://doi.org/10.1515/mks-2009-920508

Widmer, Urs (2011): Top Dogs. Frankfurt/M: Verlag der Autoren.

 

 

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